Karl Graf wurde am 11.12.1898 in Feuerbach geboren. Sein Vater Christian kam aus Geisingen, in der Nähe von Donaueschingen gelegen, und war Pferdeknecht. Im Jahr 1893 heiratete er Christine Magdalena, geb. Huber aus Magstadt.
Karl hatte eine knapp 4 Jahre jüngere Schwester und einen 2 Jahre jüngeren Bruder. Die ersten Jahre lebte Karl mit seinen Geschwistern und Eltern im Feuerbacher Weg 200 – der früheren Mühlbergstraße 19. (Seit 1935 beginnt der Feuerbacher Weg bei der Helfferichstraße in Stuttgart-Nord und führt vorbei am Theodor-Heuss-Haus bis nach Feuerbach. Daher die hohe Hausnummer.)
Im Alter von 3 ½ Jahren kam Karl Graf nach Stetten in die „Anstalt“, wie man damals sagte. Über die ersten Jahre, die er dort zubrachte, ist nichts bekannt, aber ab dem Schuljahr 1905/06 besuchte er die Anstalts-Schule bis zum Schuljahr 1912/13, lernte lesen, schreiben und rechnen. Noch in späteren Jahren ist in seiner Krankenakte vermerkt, dass er gerne gelesen habe. In den zum großen Teil verbal abgefassten Beurteilungen erfährt man, dass Karl immer schon schwächlich war, häufig „grimmig und heiter in raschem Wechsel“, oft Streit hatte mit den Mitschülern, dem Unterricht nicht folgen konnte, da er sich schlecht auf eine Sache konzentrieren und immer nur kurz mitmachen konnte.
Über die Jahre wurde die Gedächtnisleistung schwächer, Karl war oft geistesabwesend und zeigte geringes Interesse. Im Zeugnis des Schuljahrs 1911/12 steht zu lesen, er sei dankbar für Lob, habe große Angst vor Strafe, mache großes Geschrei vor und bei körperlicher Züchtigung, auf welche bei ihm leider noch nicht verzichtet werden könne.
Im März 1913 wurde Karl Graf konfirmiert. Danach fanden sich in der Akte leider nur noch wenige Informationen. Er wohnte im Männerhaus der Anstalt Stetten und arbeitete in der Landwirtschaft. Er war immer wieder verwirrt und erlitt ein bis zwei Mal im Monat epileptische Anfälle, weshalb er gelegentlich auch isoliert wurde. Sein Vater war schon seit 1910 tot, seine Schwester war in Feuerbach verheiratet, sein Bruder besuchte ihn ab und zu. Seine kranke Mutter konnte nicht mehr reisen und starb 1934.
Am 10. September 1940 wurde Karl Graf in einem der gefürchteten Busse nach Grafeneck „verlegt“ und gleich getötet.
Am 15. November 2018 wurde für Karl Graf ein Stolperstein verlegt.
Recherche und Text: Elke Martin, Heinz und Hildegard Wienand
Stolperstein-Initiative Feuerbach/Weilimdorf