Menü Schließen

Meier Rosenstein und Frieda Süß-Schülein, Uhlandstr. 14 A

Meier Rosenstein stammte aus einer frommen jüdischen Familie in Wannbach, Oberfranken. Wie und wo er seine Ausbildung als Religionslehrer erhielt, ist nicht bekannt. In Schopfloch wirkte er als Stellvertreter des amtierenden Religionslehrers, bis zu dessen Tod Anfang 1894.

Anfang 1895 heiratete Meier Rosenstein in Nürnberg die vier Jahre jüngere Nelli geb. Braun aus Aufhausen bei Aalen. Nun konnte er die Stelle als Religionslehrer der jüdischen Gemeinde übernehmen und eine Familie gründen. Im Dezember 1995 wurde das erste Kind geboren, das jedoch nach wenigen Wochen starb. In den folgenden Jahren aber wurden weitere vier Kinder geboren, zwei Mädchen und zwei Knaben.

Es muss trotz Weltkrieg eine glückliche Zeit für die Familie gewesen sein. 1919 erschien von Nelli Rosenstein, auf holzhaltigem Kriegspapier, ein kleiner Gedichtband mit dem Titel „Meine Lebensfreude“. Sie widmet ihr Werk einem „Dr. Max Eberhardt“ in Berlin, die Titelzeichnung ist „dem Künstler Paul R. Hensel“ zu verdanken.

Meier Rosenstein versah sein Amt als Lehrer und Kantor. 1925 unterrichtete er an öffentlichen Schulen in Schopfloch elf Kinder in Religion, vier weitere im gesonderten Religionsunterricht, dazu fünf Kinder in Dinkelsbühl. Das Wohnhaus der Familie steht heute noch. Im Februar 1929 heiratete Tochter Frieda in Wallerstein Siegfried Süß-Schülein.

1932 wurde die „neu hergerichtete Synagoge“ in Schopfloch eingeweiht. Der evangelische Pfarrer betonte in seiner Ansprache das friedliche Verhältnis zwischen der evangelischen Kirchen- und der israelitischen Kultusgemeinde. „Zum Schluss dankte Lehrer Rosenstein den Gästen im Namen der Kultusgemeinde für ihr Erscheinen“.

Mit der Harmonie war es jedoch bald vorbei. Die Entrechtung und Verfolgung der jüdischen Bevölkerung machte auch vor der vormaligen SPD Hochburg Schopfloch nicht halt. Noch vor dem Novemberpogrom von 1938 wurden alle jüdischen Bewohner aus dem Ort vertrieben. Familie Rosenstein zog im Juli 1938 mit den erwachsenen Kindern Lina und Siegfried nach Stuttgart, in die Wohnung von Familie Falk in der Uhlandstraße 14 A. Gab es persönliche Verbindungen, vielleicht auch zu den früh emigrierten Kindern des 1931 verstorbenen Hausbesitzers Dr. Salomo Oppenheimer?

Der 27. Mai 1939 war ein schwarzer Tag für die Familie. Die Tochter Frieda Süß-Schülein starb im Katharinenhospital an „Essigsäurevergiftung mit hochgradigen Verätzungen“. Laut Sterberegister wohnte sie bei den Eltern in der Uhlandstraße 14 A. Auf dem Totenschein steht als Beruf „Bauhilfsarbeiters Ehefrau“. Ihr Leben zwischen Eheschließung und Suizid bleibt im Dunklen. Tatsache ist, dass sie offenbar bei der in prekären Verhältnissen lebenden Familie Zuflucht suchte, und dass ihr Mann ab 1938 in Stuttgart gemeldet war. Als Witwer hat er im Dezember 1939 wieder geheiratet.

Nelli Rosenstein stirbt im März 1941 an Arteriosklerose und wird auf dem Pragfriedhof beigesetzt. Meier Rosenstein wird Ende Dezember 1941 in das „Jüdische Altenheim“ in Eschenau bei Heilbronn eingewiesen. Der 3. Stock der Uhlandstraße 14 A war „judenfrei“.

Nach der Deportation im August 1942 blieb Meier Rosenstein noch ein Jahr im Ghetto Theresienstadt am Leben. Laut Todesfallanzeige starb er am 24. Juni 1943 in der „Siechenkrankenstube“ im Haus 5. Seine drei Kinder konnten allem Anschein nach die Shoah überleben.

Recherche und Text:
Klaus Maier-Rubner, Stolpersteine Göppingen e.V., www.stolpersteine-gp.de
Susanne Bouché, Stuttgarter Stolperstein-Initiativen

Quellen und Literatur: Staatsarchiv Ludwigsburg, Stadtarchiv Stuttgart, www.alemannia-judaica/schopfloch.de