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Nadja Jakimenko, Lydia Martschenko und Olga Tschetirbok, Sigmaringer Str. 107

Von 1942 bis 1945 wurden in dem Zwangsarbeiterlager der Hansa-Metallwerke AG sowjetische Zwangsarbeiterfamilien interniert. Die 370 Frauen und Männer waren unter unmenschlichen Bedingungen in Baracken untergebracht und mussten Zünder für Handgranaten herstellen. In dem Lager starben drei in Stuttgart geborene Zwangsarbeiterkinder:

Nadja Jakimenko, geb. 03.02.1944, gest. 07.09.1944
Olga Tschetirbok, geb. 21.04.1944, gest. 11.09.1944
Lydia Martschenko, geb. 28.02.1944, gest. 17.04.1945

Solche Kinder galten im Nazi-Deutschland offiziell als „unerwünscht“ und wurden deshalb ernährungsmäßig, pflegerisch und medizinisch bewusst unterversorgt, was oft zu ihrem Tod führte. Die Eltern, die in der Fabrik arbeiten mussten, waren in einer hilflosen Lage.

Das Mädchen Nadja Jakimenko starb im Alter von sieben Monaten in dem Lager. Seine Eltern waren aus der Gegend von Poltawa in der heutigen Ukraine zur Zwangsarbeit nach Stuttgart-Möhringen deportiert worden. Ihre Nachfahren konnten in einem Dorf bei Poltawa ausfindig gemacht werden. Die Mutter starb 1994. Ein Neffe von Nadja Jakimenko ist zur Stolperstein-Verlegung gekommen. Er heißt Wjatscheslaw Iwanowitsch Wysokopojas, ist 46 Jahre alt und ist der Sohn von Nadjas Bruder Iwan.

Einer Bescheinigung des Staatsarchivs der Oblast Poltawa in der Ukraine ist Folgendes zu entnehmen: „In der Filtrations-Personalakte steht vermerkt, dass die Bürgerin Jakimenko (Wysokopojas) Katerina Awksentiiwna, Jahrgang 1921, geboren in Gorislawtzi (heute Krementschuker Rajon, Oblast Poltawa) am 5.November 1942 mit Gewalt nach Deutschland verschleppt wurde und sich dort in Stuttgart aufhielt, wo sie in einem Betrieb arbeitete, aus dem sie am 21. April 1945 entlassen wurde.“ (übersetzt von Alena Trenina vom Kulturamt der Stadt Leinfelden-Echterdingen)

Anmerkung der Übersetzerin: „Nachdem die Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter aus Deutschland in die UdSSR zurückkehrten, wurden sie für einen längeren Zeitraum in so genannte Filtrationslager gesteckt. Diese wurden vom NKWD (später in KGB umbenannt) eingerichtet. Den Rückkehrern wurde Landesverrat vorgeworfen, da sie für den Feind gearbeitet haben. Die Filtrationsbehörde hatte die Insassen lange geprüft, bis entschieden wurde, ob diese in Zwangsarbeitslager nach Sibirien oder nach Hause geschickt werden.“

Am 11. Juli 2018 wurden in Stuttgart-Möhringen in der Sigmaringer Straße 107 (vor der Hansa Armaturen GmbH) Stolpersteine für drei sowjetische Zwangsarbeiterkinder verlegt, die 1944/45 im Zwangsarbeiterlager der Hansa-Metallwerke in Stuttgart-Möhringen gestorben sind.

Ein Artikel aus der Stuttgarter Zeitung berichtet über die Stolpersteinverlegung.

Recherche und Text: Dr. Karl-Horst Marquart, Stolperstein-Initiative Stuttgart-Vaihingen