Heinrich Heuberger wurde am 17. August 1894 in Stuttgart geboren und katholisch getauft. Seine Eltern Emilie Marie Heuberger, geb. Rieber, und Ludwig Heuberger, ein Retuscheur, hatten insgesamt neun Kinder, von denen fünf in der Kindheit starben. Ein weiterer Bruder Heinrichs verlor als Soldat im Ersten Weltkrieg das Gehör und beging Suizid. Heinrich Heuberger wurde ebenfalls im Ersten Weltkrieg eingezogen und erhielt als Gefreiter die Verdienstmedaille und das Eiserne Kreuz II. Klasse. Er trug keine Verwundungen davon, „nur Bartflechten“ heißt es in einem Arztbericht.
Nach dem Besuch der Volksschule in Stuttgart absolvierte Heinrich die Handelsschule und eine kaufmännische Lehre im Telegrafenbüro Wolf, wo er danach bis 1926 arbeitete. Von dort wurde berichtet, er „habe sich in der Berufspraxis viel besser entwickelt als vorher in der Schule“. Anschließend war er als Bankbeamter bei der Diskontogesellschaft „Stahl & Federer“ tätig, wo er 1927 gegen Abfindung gekündigt wurde. Ab 1928 arbeitete er bei der Bausparkasse in Wüstenrot (genannt GdF), nach Verlegung des Firmensitzes 1930 in Ludwigsburg.
Bereits im März 1920 hatte Heinrich Isolde Kagerbauer geheiratet; 1929 wurde ihr einziges Kind, die Tochter Sigrid, geboren. Die Familie wohnte in der Sickstraße 18. Isolde Heuberger beschrieb das Wesen ihres Mannes als „sehr lieb, ruhig, gutmütig“, er habe gut für die Familie gesorgt. Obwohl keiner Partei zugehörig, bezeichnete sich Heinrich als „Kommunist im edelsten Sinne“, befasste sich eingehend mit Politik, las viel und gerne und habe „sich über dies und jenes immer viel Gedanken gemacht“.
Zu einem ersten Zwischenfall kam es im Jahr 1927 nach Heinrichs Kündigung bei „Stahl & Federer“, als er einem Anlagenbetrüger aufsaß, der ihn „innerhalb ganz kurzer Zeit betrogen [und] um sein ganzes Geld gebracht“ hatte. Bei einer Geburtstagsfeier geriet Heinrich darüber in Erregung und wurde gegenüber seiner Frau und anwesenden Freunden aggressiv, konnte aber schnell wieder beruhigt werden.
Am 27. Juni 1932 wurde Heinrich Heuberger nach Gewalttätigkeiten gegenüber dem Mann seiner Schwester, Karl Frech, mithilfe der Polizei ins Bürgerhospital Stuttgart gebracht, nachdem sein behandelnder Arzt ihn als gefährlich für sich und andere einschätzte. Seit mehreren Tagen leide er an Wahnvorstellungen, Paranoia und fühle sich verfolgt. Im Hospital wurde Heinrich eine „akute manifeste Psychose“ in Verbindung mit schwerer Schizophrenie diagnostiziert. Der etwa zweimonatige Aufenthalt im Bürgerhospital konnte seinen Zustand nur bedingt verbessern, er litt weiterhin an starken Halluzinationen. Am 1. September 1932 wurde Heinrich in die Heilanstalt Winnental in Winnenden verlegt. Bereits im Juli 1932 wurde seine Ehefrau Isolde als „Pflegerin“ eingesetzt, Heinrich damit faktisch entmündigt.
Am 3. Juni 1940 wurde Heinrich Heuberger im Alter von 45 Jahren in die NS-Tötungsanstalt Grafeneck verlegt, wo er noch am selben Tag ermordet wurde.
Da das Haus Sickstr. 18 nicht mehr besteht, wurde am 21. Februar 2025 ein Stolperstein für Heinrich Heuberger, der den NS-Krankenmorden zum Opfer fiel, in der Nähe seines letzten frei gewählten Wohnorts am Kreisel gegenüber der Heilandskirche (Schwarenberg-, Sick-, Werderstraße) verlegt.
Recherche: Elke Martin und Gudrun D. Greth, Stolperstein-Initiative Stuttgart-Ost
Text: Sophie Heinig
Stolpersteinpaten: Familie Frank F. Höfer
Quellen: StAL Krankenakte F 235, S 327, Meldebogen 107
Foto: Krankenakte S 327 Heinrich Heuberger