Seit dem 8. Mai 2007 erinnert vor dem Haus in der Relenbergstraße 64 ein Stolperstein an Johanna Eisig, geschiedene/verwitwete Metzger, geborene Eisig. Die langjährige Bewohnerin dieses Hauses wurde 1942 wegen ihrer jüdischen Herkunft Opfer des Naziterrors.
Über Frau Metzger – unter diesem Namen wohnte sie ab ihrer Heirat 1919 in Stuttgart – und ihr Leben und Wirken wissen wir leider ausgesprochen wenig. Sie wurde 1895 in Heilbronn geboren, war Hausfrau und hatte keine Kinder. Kaum mehr wissen wir über ihren ersten Mann Adolf Metzger, 1882 in Berlichingen geboren, der ab 1919 im Adressbuch als Kaufmann mit der Firma “Röhrengroßhandlung, Gas- und Wasserleitungsartikel, Eisenwarenhandlung en gros” verzeichnet ist. Ab 1920 ist als Geschäftsadresse Lange Straße 42 Erdgeschoss, als Wohnadresse die Relenbergstraße 64/3 vermerkt, wo zunächst auch sein Bruder und Geschäftspartner Hermann gemeldet war. Frauen wurden in den Adressbüchern nur aufgeführt, wenn sie alleinstehend waren.
Worüber wir sehr genau Bescheid wissen ist die Familie in Heilbronn, aus der Johanna stammte. Schon der Tuchhändler Isidor Veit aus Sontheim bei Heilbronn, der nach 354 Jahren als erster jüdischer Bürger 1831 dort das Bürgerrecht erwarb, war ein Verwandter. Er heiratete 1834 Heinrike Eisig, Tochter eines wohlhabenden Getreidehändlers aus Kochendorf. Diese Heirat dürfte der Anlass gewesen sein, dass deren Brüder sich später ebenfalls in Heilbronn niederließen. Hermann Eisig, der ältere, war Johannas Großvater.
Eduard Eisig, Johannas Vater, der unter dem Namen “Eisig und Marx, Gewürze” später auch in Stuttgart firmierte, heiratete Helene Rosenthal, eines der zehn Kinder von Jakob Rosenthal, der auch noch drei Brüder hatte. Man war mit halb Heilbronn und Umgebung verschwippt und verschwägert.
Nicht eindeutig zu klären ist, ob und wann das Ehepaar Metzger geschieden wurde, wie in den Heilbronner Annalen vermerkt. Adolf Metzger starb 1937 in Heidelberg, eine Woche nach seinem Zuzug. Johanna muss noch um 1939 ihre Mutter zu sich nach Stuttgart geholt haben, auf jeden Fall tauchen Mutter und Tochter 1941 jeweils mit dem Zusatz “Sara Witwe” im “Judenhaus” Rosenbergstraße 103 auf. Vielleicht in der Hoffnung dadurch zusammenbleiben zu können, heiratet Johanna am 27.11.1941, vier Tage vor der Deportation nach Riga, ihren Vetter Karl Eisig. Er betrieb in Heilbronn ein Bekleidungsgeschäft und wohnte ab 1938 als “Privatmann” in der Eduard-Pfeiffer-Straße 154 A (heute Parlerstraße) in Stuttgart. Auch er wird am 1.12.1941 nach Riga deportiert, ebenso wie Johannas ältester Bruder mit Frau, sowie mindestens zwei weitere nahe Verwandte. Die Mutter Helene Eisig geb. Rosenthal wird am 22. August nach Theresienstadt deportiert, zusammen mit mehr als zehn nahen Verwandten, fast alle aus Heilbronn. Keiner der Deportierten kehrt zurück.
Recherche & Text: 05/2007, Susanne Bouché, Initiative Stolpersteine Stuttgart-Nord