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Daniel Hauser, Corneliusstr. 4

Die Familie
Die Familie Hauser war seit der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts in Rust am Oberrhein ansässig.  Sie war eine der personenreichsten jüdischen Familien des Ortes.  Ihre Geschichte ist bis zum Jahre 1783 zurückzuverfolgen.

Intensiv gepflegt wurden die Familienbande.  Von der Jahrhundertwende bis zum Ersten Weltkrieg gab es in Rust alljährlich zu Pfingsten die “Hauser-Treffen”. Nach dem Krieg feierte die Familie in verschiedenen Orten im Schwarzwald.  Bis zu 50 Verwandte trafen sich bei diesen Feiern.  Durch die Treffen, so ein Familienmitglied, lernten schon die Kinder ein Zusammengehörigkeitsgefühl kennen und hätten deshalb die Verwandten geliebt und geachtet.

Ab 1932 war es mit den Zusammenkünften vorbei.  Die Nazis bewirkten, dass die Verwandten weltweit versprengt wurden und dass die Familien sich aus den Augen verloren.

Wie ein Mitglied der Familie schrieb, sei der Charakter der Großfamilie geistiges Streben und eine heitere Gemütsart gewesen.  Gedanken über Erziehung und Humanismus seien durch Goethe und Schiller geweckt worden, die Leseleidenschaft für Klassiker und andere Bücher und die Liebe zur Musik seien früh entstanden und hätten das Leben der Familie bereichert.

Daniel Hauser
Daniel HauserDaniel Hauser wurde am 19. Mai 1858 in Rust geboren. Seit er etwa sechs Jahre alt war, ging er in Rust zur jüdischen Schule.  Seine vielen Schwestern, so berichtet die älteste, Rosalie, in ihren veröffentlichten Erinnerungen, bekamen nur Hausunterricht.  Später besuchte Daniel das Realgymnasium in Ettenheim.

Sein Enkel, Ronald Hauser, vermutet, dass Daniel Hauser danach in den Manufakturwarenbetrieb seines Onkels, Aron Hauser, zur Ausbildung als Kaufmann eintrat.

Um 1890 zog der 32jährige nach Straßburg, wo er seine Frau, Liesel Frank, kennen lernte und heiratete.  Dort gründete Daniel Hauser eine Tuchhandlung, die er bis 1918 führte.  1893 wurde dem Ehepaar ihr einziges Kind, Arnold, geboren.  Arnold studierte Medizin an der Universität in Straßburg, als der erste Weltkrieg ausbrach.  Weil er im Krieg als Feldarzt im deutschen Militär diente, musste die Familie 1918 das Elsaß verlassen.

Der Vater von Daniel, Abraham, besaß zusammen mit seinem Bruder Aaron ein Eisen- und Manufakturwarengeschäft in Rust.  Aus letzterem ging später das große Kaufhaus “Hauser & Levi” in Offenburg hervor, das von Jakob Hauser, dem Bruder Daniels, gegründet wurde.  Zu diesem Zeitpunkt waren die meisten Mitglieder der großen Familie schon aus Rust weggezogen.

Jakob Hauser starb 1920.  Der stets elegant, etwas altmodisch angezogene Daniel übernahm danach die Leitung des Geschäfts mit Jakobs Sohn Siegfried.  Letzterer war jedoch nur stiller Teilhaber.  1934 verkaufte Daniel Hauser den Betrieb und zog am 6. Juli 1936 nach Stuttgart-Sillenbuch.

Daniel Hauser liebte Musik sehr, seine Lieblingskomponisten seien Beethoven und Mozart gewesen.  Er las auch viel.  Einen Teil seiner Bibliothek besitzt immer noch sein Enkel Ronald (Rainer) in den USA. Der Kaufmann hatte seinen letzten Wohnort in Sillenbuch in der damaligen Roonstraße, heute Corneliusstraße 4.

Ein Jahr nach der Machtübernahme der Nazis verkauft Hauser das Geschäft. 1936 zieht er zusammen mit seiner Frau Liesel nach Stuttgart – vermutlich, weil der Sohn des Paares, Arnold Ernst Hauser, hier ein bekannter Kinderarzt ist. Die Praxis befindet sich am Olgaeck. 1938 stirbt Liesel Hauser. Sohn Arnold gelingt es, zusammen mit seiner Frau und den Kindern in die USA auszuwandern. Nur noch der inzwischen 80-jährige Daniel Hauser lebt jetzt in Stuttgart.

Im März 1942 quartieren die Nazis Hauser zwangsweise (zusammen mit anderen Juden aus Stuttgart und Württemberg) in ein Wohnheim in Dellmensingen bei Ulm ein. Am 19. August des gleichen Jahres wird er von dort mit hundert weiteren Juden in zwei Gruppen ins Konzentrationslager Theresienstadt deportiert. In einer inzwischen bekannten offiziellen Todesfallanzeige vom 26. August 1942 wird sowohl unter „Krankheit“ als auch unter „Todesursache“ jeweils “Suicid” (mit „c“ geschrieben) und Selbstmord angegeben. Wir müssen also davon ausgehen, dass der 84-jährige in den Suizid getrieben worden war.

Noch eine Bemerkung zu Daniel Hausers Sohn: Dr. Arnold Hauser war von 1941 bis zu seinem Tod als Kinderarzt in Kalifornien tätig. Er hatte drei Kinder: Dorothee, Frank und Ronald (Rainer). Viele der obigen Daten stammen von Ronald Hauser.

Zuletzt sei noch erwähnt, dass auch ein Bruder Daniels, Benjamin, 1942 in Auschwitz ermordet wurde.

Recherche und Text: Dorle Buohler und Hans Jörg Maier, Stuttgart-Sillenbuch, September 2008. Ergänzung von Susanne Bouché, Stuttgart-Sillenbuch, Oktober 2024.

Anhang

Vorfahren und Geschwister von Daniel Hauser
Hirsch (Herschel) Hauser, 1783 – 1867, Ehefrau: Johanna (Schönele), geb. Grumbacher, 1787 – 1870

Kinder von Hirsch und Johanna Hauser
1. Aron, 1808 – 1894, Ehefrau: Gottliebine, geb. Valfer, 1815 – 1892
2. Rosine, 1811 – 1839, Ehemann: Lazarus Polack, 1808 – 1882
3. Abraham, 1812 – 1888, Ehefrau: Dorothea (Dilla), geb. Valfer, 1817 – 1897

Kinder von Abraham und Dorothea (Dilla) Hauser
1. Rosalie, 1840 – 1924, Ehemann: Sigmund Hauser, 1837 – 1906
2. Gottliebin, 1842 – ?
3. Sigmund, 1844 – 1922, Ehefrau: Fanny, geb. Weill, 1851 – 1911
4. Sophie. 1846 – ?, Ehemann: Ludwig Bergheimer, ? – 1923
5. Jakob, 1848 -1920, Ehefrauen: 1. Pauline, geb. Dreifuss, 1859 – 1901, 2. Jenny, geb. Frank, 1869 – 1936
6. Rachel, 1850 – 1871
7. Aron, 1852 – 1873
8. Fanny, 1853 – 1937, Ehemann: Jakob Hammel, 1863 – 1928
9. Gustav, 1855 – 1896, Ehefrau: Jenny, geb. Frank, 1869 – 1936
10. Samuel, 1856 – 1870
11. Simon, 1857 – 1857
12. Daniel, 19.05.1858 (Rust) – 26.08.1942 (Theresienstadt), Ehefrau: Luise (Liesel), geb. Frank, 24.02.1872 (Konstanz) – 27.04.1938 (Eßlingen)
13. Zerline, 1859 – 1936, Ehemann: Julius Rinkenbach, 1854 – 1913
14. Benjamin, 1861 – 1939, Ehefrau: Berta, geb. Dreifuß, 1873 – 1942 (in Auschwitz ermordet)

Kind und Enkel von Daniel und Luise (Liesel) Hauser
Dr. Arnold Ernst, 28.06.1893 (Straßburg) – 1982, Ehefrau: Klara, geb. Hauser, 1895 – 1976.

Kinder von Arnold Ernst und Klara Hauser
1. Dorothee, 1922 – 2003
2. Frank, 1924
3. Ronald (Rainer), 1927