Erich Kohnert wohnte in der Wunderlichstraße 17. Er wurde am 16. Februar 1924 in Ravensburg geboren. Wann die katholische Familie nach Stuttgart kam, konnten wir bisher nicht feststellen.
Die Eltern, der Konditor Erich Kohnert und seine Frau Josefine, brachten den geistig behinderten Jungen in die Diakonissenanstalt Schwäbisch-Hall und glaubten ihn dort versorgt und in guter Pflege. Wahrscheinlich traf er dort auf die drei Jahre jüngere Lore Glaser aus der Wunderlichstraße 13.
Die NS-Regierung benötigte für die Verwundeten ihres Angriffskrieges, den sie am 1. September 1939 begonnen hatte, die Tötung der Kranken in den Heil- und Pflegeanstalten des Reiches, um Betten und Personal für Lazarette freizusetzen.
Im Jahr 1940 wurde die illegale, geheime Mordaktion durchgeführt, in der auch Lore Glaser und Erich Kohnert aus der Wunderlichstraße im Stuttgarter Osten ermordet wurden.
Beide Jugendlichen wurden am 20. November 1940 im gleichen Transport von Schwäbisch-Hall in die staatliche Heilanstalt Weinsberg gebracht. Die Organisatoren der Krankentötung verlegten ihre Opfer kurz vor dem geplanten Ende oft für ein paar Wochen in eine andere Anstalt. Das sollte die Angehörigen davon abhalten, nach Erhalt der Todesnachricht bei der ihnen lange vertrauten Anstalt nachzufragen.
In Weinsberg blieben die Schwäbisch-Haller Patienten bis zum 4. Dezember 1940. An diesem Tag wurden sie mit einem Bus der Reichbahn im Auftrag der GeTrag in die südwestdeutsche Tötungszentrale Grafeneck auf der Münsinger Alb gebracht. Gleich nach ihrer Ankunft wurden alle Insassen mit Gas ermordet.
10 Tage später stellte die von den Nazis “Landespflegeanstalt Grafeneck” genannte Mordwerkstatt den Betrieb ein, nicht ohne sich vorher eine Weihnachtsfeier mit hohem Besuch aus Berlin zu gönnen.
Mit der Ermordung von über 10.600 Menschen, die zudem in der NS-Propaganda als “unwertes Leben” verunglimpft wurden, war der Anteil an der Zielvorgabe der NS-Regierung von reichsweit 65-70.000 Tötungen von kranken und behinderten Menschen erfüllt.
Die Tötungs-Spezialisten aus Grafeneck beteiligten sich dann am Aufbau der Vernichtungslager in Osteuropa.
Der Stolperstein für Lore Glaser wurde am 18. September 2012 vor dem Haus Wunderlichstr. 13 verlegt.
Recherche: Elke Martin
Text: Elke Martin und Gudrun Greth, Stolperstein-Initiative Stuttgart-Ost