Jakob Balthasar Kraus – ein unerschrockener Widerstandskämpfer
Jakob Kraus wird am 25. Dezember 1904 in Ingolstadt (Oberbayern) geboren. Er absolviert in Ingolstadt eine Bäckerlehre, findet aber keine Anstellung und arbeitet in verschiedenen anderen Berufen, insbesondere als Bau- und Maschinenarbeiter. Im Jahr 1930 zieht er nach Feuerbach und heiratet im gleichen Jahr Eva Wringe. Er wohnt mit seiner Frau in der Klagenfurter Straße 11 und findet einen Arbeitsplatz als Schleifer bei der Feuerbacher Metallfabrik Thürrauch. Bereits 1923 war er dem Kommunistischen Jugendverband beigetreten, 1930 dann der KPD. Im Dezember 1931 wird Kraus für die KPD in den Feuerbacher Gemeinderat gewählt. Kurz nach Hitlers Machtergreifung (30. Januar 1933) wird die KPD verboten, und Kraus verliert sein Mandat als Stadtrat. Am 5. April 1933 wird der Feuerbacher Gemeinderat aufgelöst und Oberbürgermeister Wilhelm Geiger zum Rücktritt gezwungen. NSDAP-Mitglied Karl Bühler übernimmt als Staatskommissar die Amtsgeschäfte.
Schon vor dem 30. Januar 1933 beteiligt sich Jakob Kraus an Aktionen gegen die Nationalsozialisten. Er klebt Plakate, beteiligt sich an einer Gefangenenbefreiung, organisiert unerlaubt einen Straßenumzug, zeichnet verantwortlich für eine nicht genehmigte Versammlung und verteilt Flugblätter, auf denen das Impressum fehlt.
Im Oktober 1933 wird er wegen Verbreitung illegaler Schriften von der Gestapo verhaftet und am 8. November 1933 kommt er ins Gefängnis des Amtsgerichts Stuttgart. Im Juli 1934 wird er vom Oberlandesgericht Stuttgart wegen Vorbereitung zum Hochverrat zu 5 Jahren und 6 Monaten Zuchthaus verurteilt. Ihm und drei weiteren Kameraden wird zur Last gelegt, in der Schweiz hergestellte kommunistische Druckschriften nach Deutschland eingeführt und verbreitet zu haben. Zwei Belastungszeugen sagen vor Gericht aus, dass Anfang Oktober 1933 ein größerer Vorrat von Druckschriften in fünf Koffern von Schaffhausen nach Fützen in Baden verbracht und dort in einem Heuschober versteckt worden sei. Die Anklage wirft Kraus vor, er habe sich den Decknamen Bergmann gegeben und als Instrukteur und Stadtteilleiter bei der Beschaffung und Verbreitung des illegalen Materials fungiert. Im Juli 1934 wird Kraus in das Zuchthaus Ludwigsburg eingeliefert. Im Februar 1939 wird er in die Gefängnisanstalt Bruchsal verlegt und dort als “unheilbar geisteskrank” geführt. Im August 1939 verlegt man ihn in die psychiatrische Klinik Heidelberg. Von dort schreibt er seiner Frau, er sei mit seinem Befinden außerordentlich zufrieden und könne auch bei großer Hitze arbeiten wie ein Bär. Im Dezember 1939 wird Jakob Kraus nach Hause entlassen. Er findet Arbeit bei seinem früheren Arbeitgeber Thürrauch in Feuerbach. Seine Tätigkeit gegen das Nazi-Regime gibt er nicht auf. Er agiert jetzt als Verteilstation illegaler Schriften und setzt seine Kameraden als Kuriere ein. Jakob Kraus wird zum zweiten Mal von der Gestapo verhaftet, in das Polizeigefängnis gesteckt, wegen Vorbereitung zum Hochverrat angeklagt und verurteilt. Von September 1942 bis Januar 1943 sitzt er einen Teil seiner Strafe im Polizeigefängnis Büchsenstraße ab, wo er schwer misshandelt wird. Wie Jakob Kraus zu Tode gekommen ist, kann heute nicht mehr eindeutig geklärt werden. Laut Erklärung seiner Frau ist Kraus am 27. Januar 1943 von der Gestapo in Stuttgart in der Gregor-Schmid-Straße, heute Neue Brücke, ermordet worden. In einem Schreiben von Ehefrau Kraus, datiert vom 24. August 1946 an das Stuttgarter Versorgungsamt, heißt es: “Die Kleider meines Ehemannes, die ich auf dem Pragfriedhof abholen konnte, waren durch und durch mit Blut getränkt und vollständig zerrissen und lassen auf einen gewaltsamen Tod meines Ehemannes schließen.”
Die Leiche des Jakob Kraus wird auf dem Stuttgarter Pragfriedhof verbrannt und in einem Urnengrab beigesetzt. Jahre später, auf Wunsch der Ehefrau, wird die Urne überführt auf den Friedhof seiner Heimatstadt Ingolstadt.
Auf dem Mahnmal für die Opfer des Faschismus, das sich seit dem Jahr 1947 auf dem Feuerbacher Friedhof befindet, ist auch der Name von Jakob Kraus eingraviert. Eine Straße im Feuerbacher Wohngebiet Walpenreute wurde in den 1980er Jahren nach ihm benannt. Am 10. November 2006 wurde für ihn vor dem Haus in der Klagenfurter Straße 11 ein Stolperstein gesetzt.
Sein Name steht auch auf dem Mahnmal für Opfer der NS-Zeit auf dem Feuerbacher Friedhof
Recherche und Text: Heinz Wienand, Stolperstein-Initiative Stuttgart-Feuerbach
Im Buch “Stuttgarter Stolpersteine – Spuren vergessener Nachbarn”, 3. Auflage, Stuttgart 2010, berichtet Heinz Wienand ausführlich über Jakob Kraus’ Schicksal. Dort findet sich auch ein Verzeichnis der entsprechenden Quellen.