Käthe Loewenthal, die Malerin, wurde 1878 in Berlin geboren. Sie stammte aus einem liberal gesinnten Elternhaus. Da ihre Eltern zwar jüdischer Abstammung waren, selbst jedoch nicht mehr der jüdischen Glaubensgemeinschaft angehörten, wuchs Käthe Loewenthal ohne Bindung an die jüdische Tradition auf. Ihr Vater genoss als Augenarzt und Hygieniker internationales Ansehen. Auf den vielen Reisen, die er ins Ausland unternahm, wurde er häufig von der Familie begleitet. So auch 1889 nach Bern in die Schweiz, wo sich Käthe Löwenthal als Zwölfjährige christlich taufen ließ und ihr Interesse für die moderne Kunst entwickelte.
Ganz in der Nähe von Bern, im Berner Oberland, arbeitete zu dieser Zeit der Maler Ferdinand Hodler, dessen Werk in Bern großes Aufsehen erregt und auch heftige Kritik ausgelöst hatte. Vermutlich entdeckte Käthe Loewenthal Hodlers Werk auf Ausstellungen in Bern oder Genf. Jedenfalls müssen diese Bilder für sie sehr eindrucksvoll gewesen sein, denn nach ihrem Schulabschluss reiste sie 1895 wieder in die Schweiz, um ihr Kunststudium bei Ferdinand Hodler aufzunehmen. Diese Zeit wurde prägend für ihre Landschaftsmalerei.
Es folgten Stationen in Berlin und München, wo sie als freischaffende Künstlerin lebte und an zahlreichen Ausstellungen in Berlin, München und Hamburg teilnahm. Die Freundschaft zu einer Kollegin, Erna Raabe von Holzhausen, zog sie 1914 nach Stuttgart. Sie studierte bei Adolf Hölzel an der Stuttgarter Kunstakademie und konnte so auch ein Atelier im städtischen Atelierhaus in der Ameisenbergstraße 32 beziehen. Nachdem Hölzel im Winter 1918/1919 aus dem Lehramt entlassen wurde, nahm sie mit anderen Studenten Privatunterricht bei ihm.
Doch von den Reformideen und der Revolutionsbegeisterung des Stuttgarter Hölzel-Kreises wurde Käthe Loewenthal nicht berührt. Ebenso wenig mochte sie den Abstraktionsprozess in den Bildern Adolf Hölzels nachvollziehen. Sie blieb in ihren Bildern immer der Welt des Sichtbaren und Erkennbaren verbunden. Auch politisch hatte sie eher eine konservativ-bürgerliche Einstellung. Während sich viele Künstlerkollegen aus dem Hölzel-Kreis vom Krieg und der darauf folgenden Revolution 1918 eine Erneuerung von Kunst und Gesellschaft erhofften, empfand Käthe Loewenthal den Versailler Vertrag als “unverschuldete Erniedrigung” des deutschen Volkes. Als “Wiedergutmachung” widmete sie dem germanischen Helden Herrmann, dem Kaiser Karl, Kant und Beethoven 1919 eine Gedichtsammlung mit dem Titel “Dem Vaterlande”.
Doch sie vertrat nicht das Frauenbild des Bürgertuns. Sie hoffte auf eine Gesellschaft, in der “ein Weib öffentlich und nach außen reden kann, von allem und vor allem und sie doch als Weib angesehen und respektiert wird und ihr Reden als das eines Menschen”. Aus diesem Grund trat sie auch dem 1893 gegründeten Württembergischen Malerinnenverein bei, der die Anerkennung der Frau als Künstlerin durchsetzen wollte, deren künstlerische Tätigkeit um die Jahrhundertwende als “bloßes Dilettieren” betrachtet wurde. Weiter war sie Mitglied des Stuttgarter Künstlerbundes und der Stuttgarter Sezession, an deren Ausstellungen sie teilnahm.
Zu den ersten Aktionen der Nazis nach der Machtergreifung 1933 gehörte die Auflösung und Gleichschaltung zahlreicher Künstlervereinigungen. Um unter der Diktatur als Künstler arbeiten und ausstellen zu können, bedurfte es der Aufnahme in die “Reichskammer für bildende Kunst”. Aufgenommen wurden jedoch nur Künstler, die einen Ariernachweis vorlegen konnten und politisch genehm waren. So wurde die öffentliche Künstlerexistenz Käthe Loewenthals aufgrund ihrer jüdischen Herkunft vernichtet. Nachdem sie 1935 aus ihrer Wohnung und dem Atelier ausgewiesen wurde und offizielles Malverbot erhielt, konnte sie nicht einmal mehr im Verborgenen weitermalen.
Fluchtpläne in die Schweiz scheiterten. Von ihrer schwerkranken Freundin, Erna Raabe von Holzhausen, wurde sie angefleht, Deutschland – und damit sie – nicht zu verlassen. Sie pflegte diese bis zu deren Tod im Jahr 1938.
Unterstützt wurde Käthe Loewenthal von ihrer Haushälterin, die sie mit Geld und Lebensmitteln versorgte. Unterstützt wurde sie auch von dem Malermeister Kämmerer, einem Freund verfemter Künstler wie Willi Baumeister und Oskar Schlemmer. Beide versteckten Bilder von Käthe Loewenthal in heimlichen Magazinen. Viele dieser Bilder wurden im Bombenkrieg zerstört, einige konnten jedoch gerettet werden und erinnern an ihr künstlerisches Werk.
Käthes letzter (nicht freiwillig gewählter) Wohnsitz in Stuttgart war die Schwarzwaldstr. 94, ein sog. Judenhaus. Am 7. Februar 1942 wurde sie ins Zwangsaltenheim Weißenstein verbracht. Von dort wurde Käthe Loewenthal am 26. April 1942 nach Izbica deportiert, wo sich dann jede Spur von ihr verliert.
Das Schicksal von Käthe Loewenthal hat Dr. Mascha Riepl-Schmidt im ersten Stolpersteinbuch in ihren Artikel “Käthe Loewenthal – Malerei als ein Ort für Liebe, Glaube und Hoffnung” ausführlich dokumentiert.
An Käthe Loewenthal erinnert auch der “Familienabend” des Theaters LOKSTOFF!”, der in der Wohnung der Künstlerin ihre Geschichte lebendig werden lässt. Während der Pandemie konnten diese Abende nicht stattfinden, deshalb hat LOKSTOFF! ein Hörstück produziert. Den Zugang zum Hörstück finden Sie hier.