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Berta Waldt, Olgastr. 139

Berta Waldt wurde als Berta Kauffmann am 21.2.1870 in Stuttgart geboren. Sie war in erster Ehe mit Bernhard Deutsch verheiratet, der ein Agenturgeschäft betrieb.
Seit 1917 wohnten sie in der Olgastraße 139, 1. Stock. Etwa 1922 trennen sich die Eheleute, es kommt zur Scheidung. Berta bleibt alleine in der Olgastraße wohnen. Sie macht sich selbständig mit einem Woll-, Strumpf- und Trikotwarenvertrieb.
1930 geht Berta Deutsch eine zweite Ehe ein mit dem Kaufmann Gustav Waldt, 1860 geboren. Sie betreiben die Trikotwarenvertretung weiter.
1940 müssen die inzwischen 70 und 80 Jahre alten Leute ihre große Wohnung in der Olgastraße, in der Berta 23 Jahre lang gelebt hat, verlassen und in die Johannesstraße 67 umziehen. Es ist ein „Judenhaus“, gehört einem Juden und dient den Nazis zu einer ersten Sammlung bzw. Gettoisierung jüdischer Bürger. In diesen sehr beengten Wohnverhältnissen stirbt Gustav Waldt am 17. August 1940. Er wird im israelitischen Teil des Pragfriedhofs beerdigt.
Berta Waldt, nun allein, muss 1941 ins nächste „Judenhaus“, Seestraße 89, umziehen. Im Erdgeschoss führt die Witwe Fanny „Sara“ Kahn eine jüdische Fremdenherberge. Hier betätigt sich Bertha Waldt als Krankenpflegerin, bis zuletzt tatkräftig und arbeitsam, wie sie es ihr ganzes Leben lang war.
Aber nicht genug des Leids und Zwangs: 1942 wird die Witwe ins Schloss Weißenstein, zwischen Göppingen und Heidenheim gelegen, zwangsumgesiedelt. Ein Flügel des Schlosses ist für alte und nicht mehr
arbeitsfähige Juden als „Altersheim“ eingerichtet worden. Die Menschen leben hier auf engstem Raum und dürfen sich nur im Schlosshof und auf einem kleinen Spazierweg vor dem Schloss bewegen.

Im selben Jahr, am 22.8.1942, werden etwa 1.100 vorwiegend alte Menschen nach Theresienstadt deportiert, von den Nazis zynisch als das „jüdische Altersheim des Reiches“ bezeichnet. Die zuvor in „Altersheimen“ und Dörfern Württembergs gesammelten Menschen werden in das letzte große Sammellager auf dem Stuttgarter Killesberg gebracht.
Viele haben vorher den ihnen nahe gelegten Heimeinkaufsvertrag abgeschlossen, der ihnen dort einen Platz auf Lebenszeit sichern soll, und große Summen bezahlt. Nun dürfen sie nur noch 55 RM mitnehmen, aber die Fahrtkosten nach Theresienstadt betragen 50 RM und für ein Lebensmittelpaket, das ihnen aber nie ausgehändigt wird, sind 5 RM zu bezahlen.
Vier Wochen lang muss die 72-Jährige die katastrophale Unterbringung mit Schmutz und Hunger in Theresienstadt aushalten.
Am 26.9.1942 deportiert man sie weiter nach Treblinka, in das große Vernichtungslager nordöstlich von Warschau, wo die Menschen sofort nach ihrer Ankunft in den vielen Gaskammern erstickt werden.
 

Recherche und Text: 2010 / Irma Glaub, Initiative Stolpersteine Stuttgart-Süd.
Quellen: