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Siegfried Fiskus, Weimarstr. 15

Siegfried Fiskus alias Serge Foder wurde am 6.2.1926 in Stuttgart als Sohn von Leib (geb. 22.4.1896 in Dynow/Polen) und Feige Fiskus (geb. 26.10.1897 in Lisko/Polen) geboren. Er hatte einen Bruder Moritz (geb. 7.7.1930 in Stuttgart) und eine Schwester Hella (geb. 12.7.1923 in Stuttgart). Die Familie wohnte in Stuttgart in der Weimarstraße 15. Leib Fiskus’ Firma meldete 1926 Konkurs an.

Die Familie wanderte 1933 nach Frankreich aus (Belfort) und zog nach der Besetzung nach Aurillac (Cantal) in der zone libre. Die Eltern nahmen den Namen Skura an. Hella Fiskus versteckte sich außerhalb des Ortes. „Als im Sommer 1942 schon die ausländischen Juden registriert und die Kisten für die kommenden Verhaftungen vorbereitet wurden, hat der Direktor des Lycée in Aurillac meinen beiden Söhnen angeraten, sich der drohenden Gefahr zu entziehen und auch dafür gesorgt, dass sie beide falsche Papiere bekamen. Er wirkte selbst bei der Ausstellung dieser Papiere mit. Meine beiden Söhne lebten unter dem Namen Foder und verließen Aurillac schon im September 1942, als die ersten Verhaftungen und Deportationen begannen. Sie flüchteten sich in die Gegend von Vichy, später Grenoble und dann nach Montélimar, wo leider mein ältester Sohn Siegfried als Jude erkannt, von den deutschen Truppen verhaftet und deportiert wurde.  … Mein Sohn Moritz konnte sich der Verhaftung entziehen.“ (Leib Fiskus 8.9.1959).

In Montélimar war Siegfried Fiskus ab 1943 Repetitor (répétiteur) an der l’école préparatoire militaire d’Epinal und an Aktionen der Résistance beteiligt. Er wurde Ende Juni 1944 in Montélimar nach einer Hausdurchsuchung durch die Feldgendarmerie verhaftet. Er hatte Flugblätter versteckt, von denen nur eines gefunden wurde. Er kam am 25.6.1944 in das Gestapo-Gefängnis in Lyon und von dort nach Fort Montluc in die sog. Judenbaracke. Am 1.7.1944 kam er nach Drancy und von dort am 31.7.1944 mit dem Konvoi 77 nach Auschwitz (B 3755; an 3.8.1944, Czech S. 840).

Am 28.10.1944 kam er nach Stutthof (99 386) und von dort im November 1944 nach Hailfingen (40 576), wo er am 22.1.1945 starb und ins Massengrab gelegt wurde.

Hella Fiskus heiratete 1946 Jacques Genzel. Das Paar hat zwei Söhne: Marc Serge und David Maurice Genzel. Die Eltern wohnten noch 1958 in Aurillac und wanderten wohl 1968 nach Israel aus. Am 16.1.1956 stellte Leib Fiskus einen Antrag auf Wiedergutmachung für seinen Sohn Siegfried. Feige Fiskus starb am 9.3.1977 in Israel. Moritz/Maurice konnte in die Schweiz fliehen.

Marc Genzel (Grenoble) fanden wir im Frühjahr 2020. Er recherchiert seither v.a. über die Résistance-Tätigkeit seines Onkels. In Stuttgart wurde am 4. März 2022 ein Stolperstein für Siegfried Fiskus alias Serge Foder gelegt.

Recherche und Text: Volker Mall

Quellen:
Liste von Deportierten aus Frankreich, Le mémorial de la déportation des Juifs de France, Serge und Beate Klarsfeld, Paris 1978 (dort mit dem Tarnnamen Foder)

Nummernbuch (Foder)

Transportliste Auschwitz-Stutthof Nr. 389 (Foder)

HPK (Foder und falsche Adresse, falscher Geburtsort)

Neue Informationen im April 2018 durch http://www.convoi77.org, danach Recherche von Elke Martin im Mai 2018 im StAL: StAL EL 350 I Büschel 30907, 30023, 51954, FL 300/33 I Büschel 5022, FL 300/31 III Büschel 4716

carte d’identité scolaire 1942/1943 Serge-Francois Foder, geb. 6.2.1926 in Belfort

BA (Gedenkbuch) und vom Mémorial de la Shoah übernommen: „Fiskus, Siegfried, geboren am 06. Februar 1926, wohnhaft in Stuttgart, Emigration: 1933, Frankreich.“

https://www.deportesdelyon.fr/les-archives-par-famille-a-m/siegfried-fiskus (2020)

USHMM: 1. FISKUS, Moritz Birth date: 7 Jul 1930, Source: Jewish Arrivals In Switzerland, 1938-1945, Collection: [Holocaust Survivors and Victims Resource Center digital indices]
2. FISKUS, MORITZ Source: [Jewish Arrivals in Switzerland] (2020)

Ein Artikel in der “Kontext-Wochenzeitung” informiert über das Schicksal von Siegfried Fiskus.