Elisabeth Fuchs wurde am 22. Juni 1916 in Berlin-Steglitz geboren. Irgendwann zog ihre Familie nach Stuttgart, und ihre Eltern Josef und Hermine Fuchs lebten in Stuttgart-Ostheim.
Ihr Mann, Otto Löffler, wurde am 2. Juni 1914 in Weilimdorf geboren, war von Beruf Sattler und Tapezierer. Beide waren evangelisch. Sie heirateten im April 1938, Elisabeth war 22, ihr Mann 24 Jahre alt.
Das Haus in der Durlehaustraße 21 war 1938 neu gebaut worden und gehörte dem Polizeihauptwachtmeister Gebhard Schirmer. Das junge Paar wohnte im ersten Stock.
Am 12. April 1940 wurde der Sohn Otto geboren, nach seinem Vater benannt, der irgendwann in den Krieg ziehen musste.
Dann ereilen Elisabeth Löffler innerhalb von zwei Monaten große Schicksalsschläge:
Ende 1943 stirbt ihr Vater; Anfang 1944 verliert sie die Mutter und einen Bruder bei einem Terrorangriff – wie in den Akten zu lesen ist; am 16. Februar 1944 erfährt sie, dass ihr Mann bei einem Minenunfall im Hafengelände von Cherson gefallen ist.
Durch die Berichte über den fürchterlichen Krieg Russlands gegen die Ukraine ist seit Februar 2022 vielen bekannt, dass Cherson eine Seehafenstadt am Beginn des Dnjepr-Deltas ist, 30 km vom Schwarzen Meer, etwa 100 km nordwestlich der Krim.
Der Unteroffizier Otto Löffler war mit noch zwei Kameraden dabei, Minen vorzubereiten, die in der folgenden Nacht verlegt werden sollten. „Aus unerklärlichen Gründen (eventuell Feindbeschuss) detonierte ein Teil der Minen und hatte den Tod aller drei Kameraden zur Folge.“ Die Gefallenen wurden „mit militärischen Ehren auf dem Heldenfriedhof in Cherson zur letzten Ruhe gebettet“. Frau Löffler erhält „als Ausbildungshilfe für ihr Kind eine freiwillige Spende der Kameraden in Höhe von 200 RM“.
Zunächst, so bezeugen Verwandte, scheint die junge Witwe diese einschneidenden Erlebnisse gut zu verkraften. Ende Mai 1944, so ihre Tante, die in Sillenbuch wohnte, sei Elisabeth zu einer Reise aufgebrochen. Am 31. Mai wird Elisabeth Löffler in die Heil- und Pflegeanstalt Wiesloch aufgenommen. Sie wird „völlig verwahrlost, ohne Kleider auf Äckern umherirrend“ in die Anstalt gebracht. „Sie ist verwirrt, nicht orientiert, sehr erregt, ratlos und ängstlich“.
Schon zwei Tage später steht allerdings im Krankenbericht, die Patientin sei „orientiert über Person und Zeit“ und gebe an, dass „ein bisschen viel über sie gekommen“ sei. Nach einer Woche in Wiesloch wird sie nach Hadamar verlegt „aus dringenden Räumungsgründen“.
In Hadamar kommt Elisabeth Löffler offenbar äußerst erregt an, und wird mit Narkotika, also starken Beruhigungsmitteln, ruhiggestellt, und sie erleidet einen Nervenzusammenbruch.
Zwei Wochen später bittet ihre Tante um Auskunft und fragt nach den näheren Umständen der Verlegung. Die handschriftliche Antwort auf der Kopie des Schreibens besagt: „Die Verlegung (…) erfolgte im Zuge kriegswichtiger Maßnahmen. (…) Körperlich ist ein starker Rückgang festzustellen.“ Wegen Überlastungen seien keine Besuche möglich.
Die Erregung von Elisabeth Löffler hält an, sie verweigert die Nahrungsaufnahme, ist benommen, bekommt eine Lungenentzündung.
Am 30. Juni 1944 stirbt Elisabeth Löffler, 4 Wochen nachdem sie verwirrt aufgefunden wurde.
Elisabeth Löffler wurde nur 28 Jahre alt. Ihr kleiner Sohn wuchs bei seinem Großvater väterlicherseits auf.
Damit ihr Name und ihr Schicksal nicht vergessen werden, erhielt Elisabeth Löffler am 19. Oktober 2022 einen Stolperstein.
Elisabeth Löffler, geb. Fuchs
Jg. 1916
Eingewiesen 1944
Heilanstalt Wiesloch
“verlegt” 8.6.1944
Heilanstalt Hadamar
ermordet 30.6.1944
Recherche und Text: Elke Martin, Heinz und Hildegard Wienand, Stolperstein-Initiative Feuerbach/Weilimdorf