Menü Schließen

Artikelserie in Stuttgarter Zeitung und Nachrichten endet – großer Zuspruch für Stolperstein-Projekt

Mit einer Doppelseite in den Ausgaben vom 27. Januar 2025 – dem 80. Jahrestag der Befreiung des Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz – endet die Stolperstein-Artikelserie in Stuttgarter Zeitung und Nachrichten, die genau ein Jahr zuvor mit einem Bericht über Leben und Schicksal der Malerin Käthe Loewenthal begonnen hatte. In 54 Artikeln wurden Menschen vorgestellt, die von den Nazis verfolgt, vertrieben oder ermordet wurden, weil sie Juden oder Sinti und Roma waren, weil sie sich nicht anpassen wollten, dem Regime die Gefolgschaft verweigerten und aufbegehrten oder organisiert Widerstand leisteten, weil sie tatsächlich oder auch nur vorgeblich krank oder behindert waren, weil sie wegen ihrer sexuellen Orientierung oder aus einem anderen vorgeschobenen Grund aus der „Volksgemeinschaft“ ausgegrenzt wurden.

Die Caritas Baden-Württemberg hat im Rahmen ihres zum 36. Mal ausgelobten Journalistenpreises die Langzeitserie „Stolpersteine – die Menschen hinter den Namen“ als bemerkenswerten Beitrag zur Erinnerungskultur gewürdigt. Nach Auffassung der Jury sei dieses  Langzeitprojekt eine herausragende redaktionelle Gemeinschaftsleistung. In Zeiten gesellschaftlicher und politischer Verwerfungen gebe die Stuttgarter Zeitung damit zugleich ein klares Statement zu Menschenwürde, Freiheit und Vielfalt ab.

Die Aktiven aus den Reihen der Stuttgarter Stolperstein-Initiativen leisteten hierzu ihren Beitrag, indem sie die Ergebnisse ihrer teilweise jahrzehntelangen Recherchen den Autor:innen und Volontär:innen den Zeitungsredaktionen zur Verfügung gestellt und Kontakte zu Nachkommen der Opfer hergestellt haben. Die Zustimmung zum basisdemokratischen Stolperstein-Projekt mit seinen ehrenamtlich arbeitenden Stadtteil-Initiativen ist nach wie vor groß und das Interesse an einer Mitarbeit ist auch durch die Artikelserie weiter gewachsen. Dabei kommt der Beteiligung von Schüler:innen an den Stolperstein-Verlegungen eine besondere Bedeutung zu.

Es bleibt zu hoffen, dass die Aufmerksamkeit und das Engagement für das Stolperstein-Projekt anhält – von Seiten der Berichterstatter ebenso wie bei denjenigen, die sich vor Ort und in den Archiven auf Spurensuche begeben haben, um den Opfern der Nazis ihre Namen zurückzugeben und ihr Schicksal in den historischen Kontext zu stellen. Wer sich einmal auf eine solche Spurensuche begeben hat, der weiß, dass die Beschäftigung mit dem schlimmsten Kapitel deutscher Geschichte nie einfach ist und auch bei einem selbst Spuren hinterlässt.

Die mittlerweile 1.048 Steine, über die wir auf den Straßen unserer Stadt stolpern können, markieren den letzten selbstgewählten Wohnort der ehemaligen Nachbar:innen, bevor sie verhaftet, zwangsweise umquartiert bzw. umgesiedelt und schließlich ermordet wurden. Die auf den Steinen vermerkten Deportationsorte – Riga, Izbica, Theresienstadt und Auschwitz – verweisen als Netz des Grauens auf insgesamt 12 Transporte mit etwa 2.800 jüdischen Menschen, die zwischen dem 1. Dezember 1941 und dem 11. Februar 1945 von Stuttgart aus nach dem Osten in den Tod geschickt wurden. Stolperstein-Inschriften wie z. B.  „Im Widerstand“, „Abgeschoben“ und „Polenaktion“, „Verlegt“ und „Aktion T4“, „Gedemütigt/Entrechtet“, „Rassenschande“ oder „Wehrkraftzersetzung“ zeigen: Es konnte jeden treffen, der für die Nationalsozialisten ein „Störenfried“ war oder als minderwertig eingestuft wurde!

Deshalb geht es uns nicht nur darum, möglichst viele Stolpersteine im öffentlichen Raum zu platzieren, sondern die Erinnerung als stetige Mahnung in den Köpfen zu verankern, geistiges Stolpern auszulösen. Die Beschäftigung mit der Vergangenheit ist kein Selbstzweck. Die Stolperstein-Initiativen wollen mithelfen, dass Rassismus, Antisemitismus und Faschismus – egal welcher Ausprägung, ob in brauner Uniform oder im blauem Anzug – nie wieder eine Chance haben!

Werner Schmidt