Adolf Klumpp gehörte zum politischen Widerstand gegen das nationalsozialistische Regime des 3. Reiches. In vielen kleinen Gruppierungen trafen sich diese Nazigegner an wechselnden Orten, um dem Zugriff der Gestapo zu entgehen. Den größten Einfluss als überregionale Gruppe hatte das National- Komitee Freies Deutschland (NKFD) mit einer Ortsgruppe auch in Stuttgart. Das Schicksal von Adolf Klumpp ist eng verbunden mit dem Leiter dieser Sektion, dem Kunsthistoriker Dr. Gottfried Hermann Wurz. Beide ließen ihr Leben im April 1945 im KZ Flossenbürg in der Oberpfalz. Für Dr. Wurz wurde bereits im November 2006 vor dem Haus Hasenbergsteige 79 ein Stolperstein gelegt. Der Mechaniker und Uhrmacher Adolf Friedrich Klumpp wurde als Sohn eines Weingärtners in Stuttgart geboren. Am 14.5.1910 heiratete er in Flensburg die dort im Jahr 1889 geborene Kathinka Therese Christensen. Drei Kinder wurden geboren: Adolf Christian (1912), Hildegard (1916, verheiratete Krautter), Liselotte (1917, verheiratete Schwarzenbek). Gesundheitliche Probleme des Familienvaters wurden 1916 durch eine zweimonatige Kur in Davos/Schweiz, bewältigt, hierfür ließ er sich einen Reisepass ausstellen (siehe Foto). Adolf Klumpp muss ein begabter Mensch, ein „schwäbischer Tüftler“ gewesen sein.
Er betrieb in der Militärstraße 98, der heutigen Breitscheidstraße, ab 1912 eine „Elektrische Werkstätte“ und firmierte später mit der „Fabrikation elektrischer Schaltapparate“. Im Verbandsorgan der Uhrmacher der Schweiz (La Fédération Horlogère Suisse) vom 12.12.1928 wird die Registration des Erfindungs-Patents einer elektrisch aufziehbaren Uhr für Adolf Klumpp, Hohenheimer Str. 50 a, Stuttgart (Allemagne) veröffentlicht. Von 1926 bis 1935 wohnte er in der Hohenheimer Straße 50 A. Im Erdgeschoss war der Laden, ein Schaufenster ist heute noch zu sehen, darüber im 1. Stock wohnte er mit seiner Familie. Es waren gute, von Verfolgung unbeschwerte Jahre. Wegen seiner oppositionellen Gesinnung gegen die Nazi-Herrschaft wurde er 1935 und 1938 von der Gestapo in Haft genommen und in beiden Fällen erst nach längerer Haftzeit, auf wiederholte Interventionen hin und nach Abgabe einer Bürgschafts – Erklärung seiner Freunde wieder auf freien Fuß gesetzt. Beruflich bedeutete dies Abstieg; er musste sein Laden-Geschäft aufgeben und zog 1936 in die Schickstraße 9, 1937 weiter in die Danneckerstraße 4. Zu Kriegsende gibt Kathinka Klumpp die Hohenheimer Straße 61 an, das war auch die Adresse der Tochter Liselotte Schwarzenbek. Statt selbständig zu sein arbeitete Adolf Klumpp nun bei der Firma für Druckmesser J.C. Eckhardt in Bad Cannstatt als Montierer.
Im Krieg und vor allem nach der Niederlage Hitler-Deutschlands in der Schlacht von Stalingrad 1942/43 spitzte sich die Lage zu. Das im Juli 1943 in Krasnogorsk bei Moskau von kriegsgefangenen deutschen Offizieren und sich dort befindlichen deutschen kommunistischen Emigranten, wie Wilhelm Pieck und Walter Ulbricht, gegründete Nationalkomitee Freies Deutschland (NKFD) hatte auch daheim im Reich die Bildung von Widerstandsgruppen zur Folge. Hier, wo das Agieren für die Beendigung des Krieges tatsächlich lebensgefährlich war, traf man sich in kleinen Gruppen an wechselnden Orten, um heimlich die verbotenen Auslandssender zu hören und deren Informationen in Flugblättern zu verbreiten. Beim Versuch, unter Anleitung aus Berlin auch in Stuttgart eine NKFD-Ortsgruppe zu gründen, wurden die Arbeiter Anton Hummler und Max Wagner verraten, verhaftet und am 25.9.1944 im Zuchthaus Brandenburg hingerichtet. Für sie gibt es bereits Stolpersteine in der Bebelstraße 43 und 29. Dr. Wurz und Adolf Klumpp hatten nun die Leitung der Gruppe, die rund 50 Mitglieder aus allen Stadtteilen zählte. Beide gerieten am 21. Juni 1944 in die Hand der Gestapo. Deren Bericht am 30.6.1944 lautet: „Die Stapoleitstelle (im Hotel Silber) nahm am 21. Juni 1944 Festnahmen aus dem Personenkreis einer seit längerer Zeit beobachteten marxistisch-kommunistischen Gegner-Gruppe vor. 26 Personen wurden im ersten Zuge erfasst.“ Dass die Nazis ihre Gegner Kommunisten nannten, ist verständlich, aber dass im Jahr 1960 im Bescheid der Entschädigungskammer immer noch von demselben Personenkreis als von „aktiven Kommunisten“ geredet wird, verwundert! Den Widerstand aus der bürgerlichen Mitte heraus hatte man noch nicht realisiert.
Kathinka Klumpp erklärte 1946: „Am 21. Juni 1944 morgens ½ 5 Uhr wurden mein Ehemann und ich von der Gestapo verhaftet. Während ich ins Frauen-Gefängnis nach Bad Cannstatt verbracht wurde (wo sie für drei Monate in Haft blieb), kam mein Ehemann nach Stuttgart ins Hotel Silber und von dort ins Zuchthaus nach Ludwigsburg. Der Grund der Verhaftung war Vorbereitung zum Hochverrat. Ein Urteil wurde nicht gefällt. Dort war mein Mann bis Ende Januar 1945 und kam hernach in ein Barackenlager nach Zuffenhausen.“ Von dort wurde er zusammen mit Dr. Wurz und einem Hermann Lederer ins Konzentrationslager Flossenbürg verbracht und hier am 24.3.1945 registriert. Die drei Gefangenen hatten fortlaufende Häftlingsnummern: 89023, 89024, 89025 in der Häftlingskategorie „RD. Sch.“ = Reichsdeutscher Schutzhäftling. Nur Lederer überlebte. Kathinka Klumpp schreibt: „Laut Aussagen eines Herrn Lederer aus Rommelshausen hat sich mein Ehemann zwei Tage vor der Besetzung der Alliierten Truppen krank gemeldet und kam wegen Ruhr ins Revier. Mit ihm meldete sich ein Herr Dr. Wurz aus Stuttgart, Hasenbergsteige, ebenfalls krank und wurde mit ihm ins Revier eingeliefert. Auch von diesem Herrn fehlt heute jede Spur.“
Laut Mitteilung der KZ-Gedenkstätte Flossenbürg „haben die Wachmannschaften Flossenbürg mit den letzten Todesmärschen am 20. April 1945 verlassen. Über 1.500 Häftlinge ließ die SS zurück, v.a. in den Baracken des Krankenreviers. Sie wurden von der US-Armee befreit, viele starben aber noch an den Folgen der Lagerhaft.“
Wie Adolf Klumpp letztendlich zu Tode kam, ist unbekannt. Später wird er vom Amtsgericht Stuttgart auf den 21.4.1945 für tot erklärt. Der Kunsthistoriker Dr. Gottfrie Hermann Wurz, Anton Hummler und Max Wagner
Recherche und Text: 2011 / Irma Glaub / Initiative Stolpersteine Stuttgart-Süd
Finanzierung des Kleindenkmals : Initiative Stolpersteine Stuttgart-Süd
Quellen: Staatsarchiv Ludwigsburg; Stadtarchiv Stuttgart; Willi Bohn, “Stuttgart: Geheim!” 3. Auflage, Frankfurt a. M. 1978; Roland Müller, “Stuttgart zur Zeit des Nationalsozialismus”,Stuttgart 1977; Auskünfte von der KZ-Gedenkstätte Flossenbürg.