Josef Schillinger hatte schon Anfang des 20. Jahrhunderts ein Friseurgeschäft in der St. Pöltener-Straße 17. Sein Sohn Eugen wurde ebenfalls Friseur, wohnte bei seinen Eltern und führte ein eigenes Friseurgeschäft in der oberen Stuttgarter Straße.
Eugen Schillinger heiratete im Frühjahr 1943 Susanna Pfeifer. Das junge Paar wohnte in der St. Pöltener-Straße 17 im Erdgeschoss, wo auch der Friseurladen war, den Eugen inzwischen von seinem Vater übernommen hatte. Der Vater wohnte im 1. Stock.
Am 19. November 1943 kam die Tochter Anneliese zur Welt. Es wurde festgestellt, dass sie durch eine Schädigung des Gehirns an Bewegungsstörungen litt, die sich in Krämpfen der Beine äußerten. Sie wurde am 3. Dezember, 2 Wochen nach der Geburt, in die Kinderfachabteilung des Städtischen Kinderkrankenhauses Stuttgart eingewiesen.
Das Leben von Kindern mit geistiger oder körperlicher Behinderung wurde zur Zeit des Nationalsozialismus als „lebensunwert“ bezeichnet. Den Eltern wurde empfohlen, ihre Kinder zur „besseren Behandlung“ in solchen Fachkliniken unterzubringen. Dort bekamen sie häufig Schlaf- oder Betäubungsmittel, die unter das Essen gemischt oder gespritzt wurden. In der Folge erkrankten die Kinder an einer Lungenentzündung, an der sie dann starben.
Auf den Sterbeurkunden wurde als Todesursache oft eine falsche Ursache angegeben, bei Anneliese Schillinger stand Hirnhautentzündung. Häufig wurden von den Ärzten falsche Unterschriften auf die Urkunden gesetzt.
Anneliese Schillinger starb am 12. April 1944. Sie wurde nur 5 Monate alt.
Am 1. April 2019 wurde für sie ein Stolperstein verlegt.
Recherche und Text: Hildegard und Heinz Wienand
Stolperstein-Initiative Feuerbach/Weilimdorf