Bella Schloss, geb. Straßburger stammte aus Barsingen/Rottenburg a. N. Ihr Vater Moritz Straßburger war in Baisingen Oberlehrer; Bellas Eltern sorgten für eine gute Schulbildung. –
Mutter Mina Straßburger, geb. Marx, Oberlehrer-Witwe (*6.11.1868), erlitt in Theresienstadt den gewaltsamen Tod am 12.03.1944.
Am 10.08.1930 heiratete Bella Straßburger (36) den Witwer Josef Schloss(43), *5.11.1887; sie bezogen die 5-Zimmer-Wohnung im 1.OG Urbanstr. 31C.
Josef Schloss brachte die 8-jährige Tochter, Anneliese (*2.03.1922, Stuttgart), mit in die Ehe, die aus der Verbindung mit Lini Schloss geb. Ehrlich (*3.4.1898, ges. 9.07. 1929) hervorgegangen ist.
Zwei Jahre später wurde Margrit geboren, die mit ihrer Halbschwester Anneliese in der Urbanstraße, neben dem Konservatorium, (der heutigen Hochschule für Musik und Darstellende Kunst), aufwuchs.
Von hier waren es etwa 12 Minuten Fußweg zur Landhausstr. 33 und 35, wo Vater Josef seinen Arbeitsplatz hatte.
Seit 1917 betrieben Josef Schloss und Josef Falk, die Firma Paul Seligmann, Großhandel für Därme und Gewürze.
Nach dem Tod des Schwagers – Josef Falk – der mit seiner Familie in der Urbanstraße 59 wohnte, waren Josef Schloss und seine Schwester Mina Falk, geb. Schloss, Teilhaber am Unternehmen. Auch Max Falk, ein Cousin Josef Schloss’ war vier Jahre in dem Familienbetrieb als „Reisender“ tätig; die politischen Verhältnisse zwangen ihn 1938 nach New York auszuwandern.
Josef Schloss verstarb am 27.02.1937. Sein Grab befindet sich auf dem israelitischen Teil des Pragfriedhofs (XXII-IV-3097). Die 1. Ehefrau, Lini Schloss, geb. Ehrlich, hat ebenfalls dort ihr Grab (XX-VII-2763).
Die Schloss’ kamen aus Laudenbach/ Bad Mergentheim.
Der Großhandel in der Landhausstraße war die Existenzgrundlage zweier Familien: für Bella Schloss mit ihrer fünfjährigen Tochter Margrit und der inzwischen fünf-zehnjährigen Anneliese und für Familie Falk.
Der entstandene personelle Mangel in der Firma konnte nicht behoben werden. Erschwerend wirkten sich die Folgen des Juden-Boykotts aus. Die vielen Sonder-Abgaben trieben das Unternehmen in den Ruin.
Vier Monate nach Josefs Schloss’ Tod musste der Handel aufgegeben werden.
Das war eine gute Gelegenheit für die ledige Sophie Grüninger, eine nichtjüdische, langjährige Mitarbeiterin, die Firma zu günstigem „Arisierungs-Preis“ zusammen mit dem Kaufmann Friedrich Stahl zu übernehmen.
Für Mutter Bella und Tochter war ab September 1941 das Tragen des Judensterns Pflicht.
Margrit ging in die jüdische Schule in der Hospitalstraße und durfte keine weiter-führende Schule besuchen. –
Stieftochter Anneliese konnte nach USA flüchten.
Kurz darauf musste Bella Schloss mit Margit zwangsweise in ein kleines Zimmer in der Kernerstr. 11 ziehen. Den größten Teil des Mobiliars lagerte Bella bei einer Spedition ein, in der Hoffnung eine Ausreise-Genehmigung zu erhalten.
Die Deportation zum Killesberg, zum Nordbahnhof am 1.12.1941 nach Riga ist oft beschrieben worden. Sie dauerte 4 Tage nach Riga bis zum KZ Jungfernhof.
Nach knapp 4 Monaten wurden die Frauen „weggeführt“ und im Wald von Rumbula erschossen.
Bella Schloss wurde 48 Jahre, ihre Tochter Margrit 10 ½ Jahre alt.
Gebhard Klehr
Verlegung und Finanzierung des Kleindenkmals wurde 2004 von Initiative S-Ost besorgt.
Quelle: Landesarchiv Ludwigsburg
Israelische Gemeinde Stuttgart
Wikipedia: Riga und KZ Jungfernhof
Aus den Anfängen der Initiativen Stolpersteine Stuttgart.
Im Stadtteil Stuttgart-Ost begann es:
Zwei Kleindenkmale für Mutter Bella und Tochter Margrit Schloss, Urbanstraße 31C
„Eine Schulfreundin konnte uns keine wichtigen Details zur Aufhellung der Geschichte geben. Nachgeforscht haben wir nur im Stadt- und im Hauptstaatsarchiv Stuttgart. Kontakte zum Staatsarchiv Ludwigsburg gab es erst viel später“.
Unsere damaligen Rechercheergebnisse:
Mutter Bella Schloss, geb. 05.05.1884; deportiert 01.12.1941 nach Riga;
erschossen am 26.03.1942.
Tochter Margrit, geb. 12.10.1932; deportiert 01.12.1941 nach Riga;
erschossen am 26.03.1942.
Tochter Anneliese, geb. 02.03.1922 (vermutlich aus erster Ehe) konnte in die USA auswandern.
Über Josef Schloss, vermutlich der Ehemann und Vater, wurden zur damaligen Zeit keine Unterlagen gefunden.
Gerhard Götze, Initiative S-Ost
Anmerkung: Die Todesdaten von Bella und Margrit stimmen auch mit dem Tod von Marga und Ruth Marx überein, die ebenfalls bei den Massenerschießungen ums Leben kamen. Hierzu das Buch von Hannelore Marx, geb. Kahn: „Stuttgart – Riga – New York, mein jüdischer Lebensweg“, Barbara Staudacher Verlag Horb-Rixingen (2005).-Das Kleindenkmal liegt an der Hausecke 31A. Die Grundstüche B und C wurden zusammengelegt. Die Hausnummer 31C existiert nicht mehr.
Gebhard Klehr, Initiative S-Mitte