Vor dem Haus Sonnenbergstr. 33 erinnert ein Stolperstein an Albert Mainzer (*1882 in Nürnberg), Sohn des ersten jüdischen Oberamtsarztes in Württemberg (Weinsberg). Er studierte in Tübingen und München und ließ sich 1908 als Rechtsanwalt in Stuttgart nieder. Im Mai 1914 heiratete er Franziska Grünwald (*1890 in Stuttgart). Die Ehe blieb kinderlos. Während der Militärzeit erkrankt, war er wehruntauglich geschrieben worden. Trotzdem meldete er sich im Ersten Weltkrieg mehrmals freiwillig an die Front und erhielt dabei das Eiserne Kreuz I. und II. Klasse. Ein Splitter, der nach einem Kopfschuss im Schädel zurückblieb, sorgte oft für Kopfschmerzen. Bei den Unruhen nach 1918 in Stuttgart meldete er sich freiwillig zur Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung. Mainzer war Mitbegründer und Vorsitzender des Reichsbundes jüdischer Frontsoldaten in Deutschland bis zu dessen Auflösung. Er stand als begabter, integerer und gesuchter Jurist in bestem Ansehen. Sozial und kulturell engagierte er sich etwa für das jüdische Waisenhaus in Esslingen oder den Württembergischen Kunstverein. Nach 1933 zogen sich seine zumeist nichtjüdischen Mandanten zurück, seine Kanzlei musste in ein jüdisches Haus, Eberhardstr. 1, verlegt werden, schließlich durfte er ab 1938 nur noch jüdische Mandanten vertreten. Aus Anlass der Ermordung des deutschen Gesandten in Paris wurde er, der Sprecher der jüdischen Anwälte, ins KZ Dachau abgeholt. Der nichtjüdische Rechtsanwalt Glück, Vorstand der Anwaltskammer, erreichte, dass er nach zwei Tagen zurückkam. Er blieb noch eine Woche in Stuttgart im Gefängnis. Wie einem Verbrecher war ihm in Dachau das Haupthaar geschoren worden. 1941 durfte er, wie alle Stuttgarter Juden, nur noch in dem Judenladen in der Seestraße einkaufen. Nichtjüdische Freunde halfen heimlich mit Lebensmitteln. Unter dem Druck der Verhältnisse musste er sein Haus verkaufen, zog in den Wannenweg und 1942 dann zwangsweise in 2 Zimmer in der Eberhardstr. 1. Zum Abtransport ins KZ Theresienstadt mussten Albert und Franziska Mainzer am 15. April 1943 in die Hospitalstraße, wo ihm von deutschen Beamten die Aktenmappe mit wichtigen Papieren und Kriegsauszeichnungen entwendet wurde. In Theresienstadt lebte Mainzer in einem Saal mit 300 Männern, immer 9 Betten übereinander. Hunger, Kälte und Ungeziefer sowie Wanzen machten ihn krank. Am 15. Oktober 1944 kam Albert Mainzer nach Auschwitz. Als Todestag wird der 30. Oktober 1944 genannt. Seine Frau Franziska überlebte, weil sie in der Uniformschneiderei in Theresienstadt arbeitete.
Recherche & Text Franz Schönleber und Siegfried Bassler, Initiative Stolpersteine Suttgart-Süd.
Ausführlich berichtet Franz Schönleber über das Schicksal Albert Mainzers in dem im Herbst im Markstein-Verlag erschienenen Buch “Stuttgarter Stolpersteine- Spuren vergessener Nachbarn“. Dort findet sich auch ein Verzeichnis der Quellen zur Geschichte.