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Familie Feigenbaum, Franklinstr. 24

Verfolgt und ermordet, weil sie Juden waren
Die Familie Feigenbaum war eine wohlhabende und angesehene Familie. Sie war nicht religiös und sie betrachteten sich als loyale Deutsche, die ihre Herkunft in Deutschland bis ins Jahr 1700 zurückverfolgen konnten. Kurt Baum sagte später: „Die Nazis brachten uns bei, dass wir Juden waren.“
Der jüdische Altstoff-Händler Emil Feigenbaum, seine Frau Klara und die Kinder Kurt und Werner wohnten bis 1938 in der Franklinstr. 24 in Zuffenhausen. Emil Feigenbaum war Geschäftsmann und Mitinhaber der Firma Lippmann Wolf und Sohn in der Schwieberdinger Str. 62. Die Firma grenzte an das Gebäude der Familie Horkheimer. Es war eine Hadernsortieranstalt, das heißt ein Großhandel mit alten und neuen Textilabfällen, Polsterwolle und Altpapier.
Kurt Baum, früher Feigenbaum
Am 13.8.1937 mussten die beiden Teilhaber die Firma an Otto Lang und Hans Maas verkaufen. Am 8.4.1938 verkaufte Emil Feigenbaum auch das Wohnhaus in der Franklinstr. 24. Da Emil Feigenbaum wegen angeblicher Devisenverbrechen zeitweise in Gestapohaft war, musste die Familie die geplante Flucht nach Belgien verschieben und in Pensionen wohnen. In dieser Zeit wurden die Ausreisebestimmungen für Juden weiter verschärft. Schließlich gelang die Flucht der Familie im Oktober 1938. Nach dem Einmarsch der Deutschen in Belgien 1940 wurden Emil Feigenbaum und sein älterer Sohn Kurt als feindliche Ausländer von den belgischen Behörden nach Frankreich in ein Arbeitslager abgeschoben. Durch einen deutschen Luftangriff auf den Deportationszug starb der Vater.
Der Sohn Kurt Feigenbaum wurde weiter nach Frankreich in mehrere Arbeitslager deportiert, wo er fast an Typhus gestorben wäre. 1942 wurde er von Paris nach Auschwitz transportiert. Die Fahrt in drangvoller Enge in einem Güterwaggon dauerte drei Tage und drei Nächte. Mit einem Zigarettenetui fing Kurt Feigenbaum tröpfchenweise Regenwasser auf, um den quälenden Durst auch für seine Mitgefangenen zu mindern. In Auschwitz bekam er die Häftlingsnummer „177.132“ auf den Arm tätowiert. Er überlebte auch den Todesmarsch Richtung Buchenwald, bei dem von 4.000 Häftlingen nur 400 ankamen. Am 11. April 1945 wurde er in Buchenwald befreit. Er wog nur noch 97 Pfund. Kurt Feigenbaum meldete sich direkt nach seiner Befreiung bei den Amerikanern und half mit, sein Vaterland von den Nazis zu befreien. Er besuchte auch später mehrmals seine Nachbarn und sein Elternhaus in Zuffenhausen
Währenddessen lebten Klara und Werner Feigenbaum in einem belgischen KZ unter der ständigen Bedrohung, nach Polen deportiert zu werden. In letzter Minute, als sie schon in den Deportationszug nach Auschwitz einsteigen sollten, wurden sie zurückgeholt.
Die Überlebenden der Familie fanden nach Kriegsende in Belgien zusammen. Sie lebten später in den USA und nannten sich Baum.
Wenn wie hier eine Familie durch die Nazis auseinandergerissen und vertrieben wurde, verlegt Gunter Demnig Stolpersteine auf für die überlebenden Familienangehörigen, um sie an ihrem letzten selbstbestimmten Wohnort wieder zusammenzubringen.

Die Stolpersteine für Emil, Klara, Kurt und Werner Feigenbaum wurden am 4. November 2019 verlegt.
Die Inschriften lauten:

HIER WOHNTE
KURT FEIGENBAUM GEN. BAUM JG 1921
FLUCHT 1938 BELGIEN INTERNIERT DRANCY DEPORTIERT 1940
AUSCHWITZ TODESMARSCH BUCHENWALD BEFREIT

HIER WOHNTE
EMIL FEIGENBAUM JG 1893
FLUCHT 1938 BELGIEN
TRANSPORT FRANKREICH
DEUTSCHER LUFTANGRIFF AUF INTERNIERUNGSZUG TOT 15.5.1940

HIER WOHNTE
KLARA FEIGENBAUM GEB. REIS GEN. BAUM JG 1892
FLUCHT 1938 BELGIEN INTERNIERT MECHELEN MIT HILFE ÜBELEBT

HIER WOHNTE
WERNER FEIGENBAUM GEN. BAUM JG 1929
FLUCHT 1938 BELGIEN INTERNIERT MECHELEN MIT HILFE ÜBERLEBT

Flyer zur Verlegung hier zum Download(.pdf, 510kB)

Text u. Recherche: Inge Möller, Initiative Stolpersteine Zuffenhausen und Sonja-Maria Bauer
Quellen: Staatsarchiv Ludwigsburg
– Sonja-Maria Bauer: Ganz normale Leute. Eine Familie und ihr Traum vom sozialen Aufstieg (1850–1950). Stuttgart u. a. Verlag Regionalkultur, 2022
– Video: „Erinnerung an Familie Feigenbaum“, Verlegung 2019. Hier.
Bild: Internet
Kontakt: Inge Möller