Ermordet, weil sie psychisch krank war
Gertrud Schäfer wurde am 9.9.1907 in Reutlingen geboren. Sie hat als Dienstmädchen gearbeitet und war ruhig und fröhlich. Ihr Vater war Stellwerksmeister. Nach dem Tod der Mutter Anna Emma, geb. Grosser, erkrankte sie. Nach drei Monaten brachten Verwandte sie am 17.9.1930 in das Bürgerhospital Stuttgart. Von dort wurde sie am 10.11.1930 nach Zwiefalten überführt. Am 13.8.1940 wurde sie mit anderen Anstaltsinsassen mit einem Postbus abgeholt und in Grafeneck am selben Tag mit CO-Gas ermordet. Die Anstaltsinsassen wurden über die Mordpläne im Ungewissen gelassen. Nach ihrer Ankunft in Grafeneck fanden sie bezogene Betten vor, die jedoch nie benutzt wurden. Es wurde ihnen gesagt, sie würden zu einem Ausflug abgeholt. Bei den ersten Transporten wurde das auch noch geglaubt. Aber als die Busse ohne die Insassen, nur mit ihren Kleidern und Habseligkeiten zurückkamen, verbreitete sich Panik in den Anstalten. Das Morden war sehr gut organisiert: Ein Arzt sah die Patienten kurz an. Das diente vor allem der Findung einer falschen natürlichen Todesursache. Es gab in Grafeneck ein Standesamt für falsche Beileidsschreiben und gefälschte Todesurkunden, mit denen die Angehörigen hinters Licht geführt werden sollten.
Schüler der Bertha-von-Suttner-Realschule berichteten bei der Stolpersteinverlegung über die Morde an psychisch Kranken und Behinderten in Grafeneck und später in psychiatrischen Anstalten. Ihren Vortrag illustrierten sie mit eindrücklichen Bildtafeln. Rike Kohlhepp trug den „Wegweiser“ und den „Leiermann“ aus der „Winterreise“ von Franz Schubert vor. Inge Möller berichtete über das Schicksal von Gertrud Schäfer.
Schüler der Gustav-Werner-Schule, einer Schule für Menschen mit geistigen und körperlichen Beeinträchtigungen, zeigten Plakate und sagten dazu, dass jeder Mensch lebenswert ist, jeder eine Familie und Menschen hat, die ihn lieben.
Der Stolperstein für Gertrud Schäfer wurde am 28. April 2017 verlegt.
Die Inschrift lautet:
HIER WOHNTE
GERTRUD SCHÄFER
JG. 1907
EINGEWIESEN 1930
´HEILANSTALT`ZWIEFALTEN
‚VERLEGT‘ 13.8.1940
GRAFENECK ERMORDET 13.8.1940
AKTION T4
Text u. Recherche: Inge Möller und Elke Martin, Initiative Stolpersteine Zuffenhausen
Quellen: Stadtarchiv Stuttgart
• Dapp, Hans-Ulrich: Emma Z. Ein Opfer der Euthanasie. Stuttgart 1990
• Thomas Stöckle, Grafeneck 1940: Die Euthanasie-Verbrechen in Südwestdeutschland, Stuttgart 2012
Bilder: Stadtarchiv und privat
Kontakt: Inge Möller