Hans Jeremias wird am 18. April 1884 in Stuttgart geboren. Er ist von Beruf Kunstmaler und heiratet 1922 Maria Lutz. Das Paar hat drei Kinder: Dieter (*1929), Hannelore (*1930) und Elisabeth (*1936).
Hans Jeremias bemüht sich, da er Anfang der 30er Jahre arbeitslos ist, um eine Stelle beim Württ. Staatstheater als Kulissenmaler. Aber das Arbeitsamt lehnt ab und schickt ihn kurzerhand zum Teeren. Er kann diese Arbeit aus gesundheitlichen Gründen nicht aufnehmen. Das Arbeitsamt aber will ihn dazu zwingen. Es muss angenommen werden, dass das Arbeitsamt veranlasst, dass er „geholt“ wird.
In einer eidesstattlichen Erklärung sagt seine Frau vor dem Versorgungsamt Stuttgart 1946 über ihren Mann aus, das Arbeitsamt Stuttgart habe ihn als Straßenarbeiter einstellen wollen. Das habe er verweigert. In einem Gespräch vor Ort habe er gesagt, das Regime von Hitler sei Terror. Ein paar Tage später sei ihr Mann frühmorgens um 6 Uhr von der Gestapo geholt worden, und erst nach 5 Monaten habe sie von ihm Nachricht bekommen, dass er im KZ-Buchenwald sei.
Ob Hans Jeremias wegen seiner Arbeitslosigkeit als „Asozialer“, als „Arbeitsverweigerer“ oder als „Widerständler“ verhaftet wurde, ließ sich später nicht eindeutig klären. Auf jeden Fall bekam er den sogenannten „schwarzen Winkel“ verpasst und galt dann als asozial. Man brauchte solche Leute zum Aufbau des Lagers Buchenwald. So notierte der Kommandant vom KZ Welzheim, Eberle, alle Namen von sogenannten Asozialen mit schwarzem Winkel, derer er habhaft werden konnte, auf einer Liste, damit er die verlangte Anzahl von Arbeitern auftreiben konnte, die für die Lager Dachau und Buchenwald benötigt wurden. Sie mussten Erdarbeiten verrichten, und zwar solange, bis sie nicht mehr konnten oder kaputt gingen. So äußert sich Max Müller, Maler und Lackiermeister aus Stuttgart-Untertürkheim, 1950 in einem Brief an Dr. Heller von der Landesbezirksstelle für Wiedergutmachung zugunsten von Hans Jeremias, dessen Kamerad er war.
Ehefrau Maria Jeremias reicht bei der Gestapo ein Gesuch auf Freilassung ihres Mannes ein und wiederholt, weil sie keine Antwort erhält, das Gesuch alle paar Monate. Nach 2 Jahren schreibt sie direkt an Hitler und 4 Wochen später wird sie selber von der Gestapo abgeholt. Die Gestapo will wissen, wer das Gesuch geschrieben hat bzw. wer ihr dabei geholfen hat. Nach einigen Tagen bekommt sie von Berlin einen Kartenbrief, in dem ihr mitgeteilt wird, dass der Fall ihres Mannes sofort einer Prüfung unterzogen werde. 14 Tage später kommt ihr Mann todkrank nach Hause und muss sich sofort in ärztliche Behandlung begeben. Er kommt in das Stuttgarter Marienhospital, wo er von Juni bis September1941 verbleibt. Nach 5 Monaten Erholungsaufenthalt im Schwarzwald kommt er zurück nach Stuttgart ins Marienhospital, wo er eine Stunde nach Einlieferung am 22. April 1942 stirbt – an Blutsturz.
Das Versorgungsamt Stuttgart erkennt im Januar 1947 an, dass es einen ursächlichen Zusammenhang der Lungentuberkulose mit den Schädigungen während des KZ-Aufenthalts gibt. Die Witwe Maria Jeremias bekommt für sich und ihre Kinder von 1946 bis 1950 Beihilfen ausbezahlt. Eine weitere Unterstützung wird ihr verweigert mit der Begründung, „Hans Jeremias sei ausschließlich wegen seiner Weigerung, die ihm zugewiesene Arbeitsstelle anzutreten, in ein KZ gekommen“.
Am 21. September 2020 wurde für Hans Jeremias ein Stolperstein gesetzt.
Auf dem Feuerbacher Friedhof wurde bereits 1947 ein Mahnmal für Opfer des Faschismus errichtet, und zwar von überlebenden Widerstandskämpferinnen und -kämpfern sowie für Menschen, die sich während des Kriegs gegen das nationalsozialistische Regime gewehrt hatten. Gertrud Müller, eine Feuerbacherin, die im Widerstand war, mehrere Gefängnisaufenthalte und das KZ Ravensbrück überlebte und maßgeblich an der Errichtung des Mahnmals auf dem Feuerbacher Friedhof beteiligt war, setzte auch den Namen von Hans Jeremias auf das Mahnmal. Nach Ergänzungen in den 1980er Jahren und in jüngster Zeit sind dort heute 28 Namen eingraviert.
Gertrud Müller hörte nicht auf, bis ins hohe Alter von 92 Jahren in Reden und Vorträgen zu mahnen: „So etwas darf nie wieder geschehen!“ war ihre Forderung an die Lebenden. Sie starb im Mai 2007.
Recherche und Text: Heinz und Hildegard Wienand
Stolperstein-Initiative Feuerbach/Weilimdorf
Zum Schluss der Zeremonie für Hans Jeremias wies Heinz Wienand noch auf den UN-Weltfriedenstag am Tag der Stolpersteinverlegung hin.
Am 21. September 1981, dem Tag der damaligen Vollversammlung der UNO, verkündete die Generalversammlung: „Dieser Tag soll offiziell benannt und gefeiert werden als Weltfriedenstag (International Day of Peace) und soll genützt werden, um die Idee des Friedens sowohl innerhalb der Länder und Völker als auch zwischen ihnen zu beobachten und zu stärken.“
Am 30. November 1981 wurde dieser Tag in der UN-Resolution 36/67 zum „International Day of Peace“ erklärt. Er soll ein Tag des Waffenstillstands und der Gewaltlosigkeit sein.