Johanna Falk, geb. Ebstein war eine gebürtige Stuttgarterin. Ihre Eltern waren in den 1870er Jahren aus Schlesien hergezogen und hatten ein Kleidergeschäft eröffnet. Sie wuchs als jüngstes von acht Geschwistern auf. Als sie 12 Jahre alt war, starb ihre Mutter; über Johannas weitere Kindheit ist nichts überliefert.
Isak Falk, Johannas späterer Ehemann, war in Lehrensteinsfeld bei Heilbronn geboren und schon mit 11 Jahren Vollwaise geworden. Mit Unterstützung von Verwandten konnte er eine Kaufmannslehre abschließen, er hielt sich längere Zeit in Straßburg auf. Kurz nachdem er 1920 mit einem Kompagnon in Stuttgart ein Geschäft für Schuhbedarf, eine „Schuhnestelfabrik“, eröffnet hatte, lernte er Johanna Ebstein kennen; das Paar heiratete 1922. Auf Fritz, ihr erstes Kind, folgte 1925 die Tochter Carry.
Ein beruflicher Wechsel in die Textilbrache war kein großer Erfolg; die von Isak und Johanna anschließend betriebene Wäscherei in der Ulrichstraße 1 bestand aber bis zur zwangsweisen Schließung in der Nazi-Zeit. Seit 1935 wohnen sie laut Adressbuch in der Uhlandstraße 14 A im 3. Stock. In den zurückliegenden Jahren hatte das Ehepaar bewiesen, dass sie sich nicht entmutigen ließen und ‚zupacken‘ konnten. 1939 fanden sie eine neue Anstellung im jüdischen Altersheim in Sontheim bei Heilbronn.
Die berufliche Erfahrung war wohl auch der Grund, dass das Ehepaar Falk Ende 1941 als Hausverwalter im Zwangswohnheim Schloss Weißenstein / Landkreis Göppingen eingesetzt wurde. Die 16-jährige Tochter Carry kam mit ihnen, sie hatte zuvor das jüdische Internat ‚Wilhemspflege‘ in Esslingen besucht. Das Ehepaar Falk war in Weißenstein häufig unterwegs um Einkäufe zu erledigen, oder auch bei Amtsgängen. Anders als den übrigen Insassen war ihnen das Verlassen des Schlosses erlaubt. So konnten Johanna, Isak und Carry Falk ein paar Monate lang dafür sorgen, dass das beengte Leben im Wohnheim möglichst erträglich blieb.
Fritz Falk wollte sich 1938 in der jüdischen Gartenbauschule in Ahlem bei Hannover für die Auswanderung nach Palästina ausbilden lassen. Dazu kam es nicht: Im Dezember 1941 musste er von Ahlem nach Stuttgart zurück kehren.
Am 26. April 1942 wurde er in das Durchgangsghetto Izbica verschleppt, ein jüdisches „Schtetl“ an der Bahnstrecke zum Mordlager Belzec. Von dort kam niemand zurück.
Von der Deportation aller Heimbewohner aus Weißenstein nach Theresienstadt im August 1942 war auch die Familie Falk betroffen. Nach sechs Monaten im KZ-Ghetto in der besetzten Tschechei wurden Carry, Isak und Johanna Falk ins Vernichtungslager KZ Auschwitz im besetzten Polen verbracht und dort ermordet.
Die Stolpersteine für Fritz und Carry Falk wurden von Schülerinnen und Schülern der American Highschool Stuttgart / Böblingen gesponsert und am 16. Mai 2024 von Gunter Demnig verlegt.
Recherche und Text:
Klaus Maier-Rubner, Stolpersteine Göppingen e.V., www.stolpersteine-gp.de
Susanne Bouché, Initiative Stolpersteine Stuttgart-Nord, www.stolpersteine-stuttgart.de
Quellen und Literatur:
Staatsarchiv Ludwigsburg (Passfotos), Stadtarchiv Stuttgart,
www.alemannia-judaica/schopfloch.de