Menü Schließen

Klara Freund, Seestr. 95

Klara Freund, geborene Kulb wurde am 4. Januar 1906 als erstes Kind des Ehepaares Elsa und Moritz Kulb in Sontheim am Neckar geboren. Ihre Schwester Rosa kam 1908, Ilse 1910 zur Welt. Klaras Vater wirkte als Religionslehrer, Kantor, Prediger und Vorsitzender des Israelitischen Vorsteheramts in Öhringen. 1936 gab er seinen Lehrerberuf auf und zog mit seiner Familie nach Stuttgart in die Seestraße 95. Doch schon ein Jahr später starb ihr Vater. Er wurde im Israelitischen Teil des Pragfriedhofs beigesetzt.

Klara heiratete den Kaufmann Erich Freund. Wo das Paar lebte ist nicht bekannt. Ihr Ehemann ist offensichtlich nach London geflüchtet und von dort 1940 in die USA ausgewandert. 1940 ist Klara zu ihrer Mutter Elsa und Schwester Rosa in die Seestraße 95 in Stuttgart gezogen.

1939 trat das „Gesetz über Mietverhältnisse mit Juden“ in Kraft. Alle jüdischen Personen mussten daraufhin „umgehend“ in solche Mietshäuser umzuziehen, die sich in jüdischem Besitz befanden, oder sie wurden zwangsweise in sogenannte Judenhäuser eingewiesen. Klara Freund, ihre Mutter und Schwester Rosa sind daraufhin Ende 1940 in die Hauptmannsreute17 gezogen, bzw. wurden dort einquartiert.

Nach dem Gestapo-Erlass vom 18. November 1941 wurde „im Rahmen der gesamteuropäischen Entjudung“ der erste Transport von Jüdinnen und Juden aus Stuttgart, Württemberg und Hohenzollern vorbereitet. Diese erste Deportation wurde von der Gestapo gegenüber den Betroffenen und der Bevölkerung noch als „Umsiedlung“ bezeichnet. Ausdrücklich wurde dazu aufgefordert u.a. Werkzeug, Öfen, Küchengeräte mitzuführen. Für den Transport waren 50 RM pro Person zu zahlen.

Ab dem 27. November hatten sich die zur Deportation vorgesehenen jüdischen Personen in einem Sammellager am Stuttgarter Killesberg einzufinden. Klara wartete mit ihrer Mutter und Schwester Rosa zusammen mit weiteren 1.000 Personen in der ehemaligen Ehrenhalle des Reichsnährstandes im Reichsgartenschaugelände Killesberg unter entsetzlichen hygienischen Verhältnissen auf den Abtransport nach Riga. Nachts schlief man auf dem blanken Fußboden, ohne Matratze, Strohsack oder Bettdecke, der Rucksack diente als Kopfkissen. Am 1. Dezember 1941 ging es dann frühmorgens um drei Uhr in einem Fußmarsch hinunter zum Nordbahnhof. Der Sonderzug Da 33 (Da stand für deutsche Auswanderer) erreichte am 4. Dezember Riga. Da die Räumungsaktion des Rigaer Ghettos noch nicht abgeschlossen war, wurden die Deportierten zunächst in dem heruntergekommenen Gehöft Jungfernhof untergebracht. An den unerträglichen Zuständen im Lager und der Kälte bis zu minus 40 Grad starben in den folgenden Wintermonaten allein über 800 Menschen.

Am 26. März 1942 wurden bei einer Massenerschießung im Wald von Bikernieki (Birkenwäldchen) Klara Freund, ihre Mutter Elsa und Schwester Rosa Kulb ermordet. Nur insgesamt 43 der 1.013 Menschen des ersten Deportationszuges aus Stuttgart überlebten.

Klara Freund, geb. Kulb
Jg. 1906
deportiert 1941
Riga
ermordet 26.3.1942

Quellen:

  • Der Killesberg unterm Hakenkreuz. Hrsg.: Geschichtswerkstatt Stuttgart Nord e.V. Stuttgart, April 2012. 60 S.
  • Staatsarchiv Ludwigsburg, Hauptstaatsarchiv Stuttgart, Stadtarchiv Stuttgart
  • http://www.alemannia-judaica.de/oehringen_synagoge

Recherche und Ansprechpartnerin für diese Verlegung:
Johanna Heilweck-Backes
E-Mail: johanna.heilweck-backes@gmx.de