Luise Mehmke wurde 1886 in Darmstadt geboren. Dort war ihr Vater Rudolf Mehmke (1857 – 1944) an der Technischen Hochschule Professor für Mathematik, im Übrigen war er Sozialdemokrat und Pazifist. Ihre Mutter, Luise (1857 – 1914), hatte 1878 die Prüfung in Stuttgart für das höhere Lehramt absolviert. Ihr Vater erhielt 1895 einen Ruf zurück an die Technische Hochschule Stuttgart, an der er studiert hatte und wo er von 1881 bis 1884 als Assistent und Dozent tätig gewesen war.
Luise wurde in Darmstadt eingeschult. In Stuttgart besucht sie möglicherweise das Königliche-Katharinen- oder das Königin-Olga-Stift. Die Familie wohnte damals zunächst in der Immenhoferstraße 4, ab 1901 in der Weißenburgstraße 29 und zog 1906 in die neu gebaute Villa in der Löwenstraße 102 nach Degerloch um.
1906/07 absolvierte sie das höhere Lehrerinnenseminar am Königin-Katharina-Stift mit gutem Ergebnis. Sie unterrichtete aber nur kurze Zeit.
Luise Mehmke war vom April 1912 an mit den Diagnosen „manisch depressive Seelenstörung“ oder „Schizophrenie“ immer wieder in Heilanstalten.
Nach einer Odyssee durch psychiatrische Einrichtungen in Grafeneck von den Nazis ermordet: Luise Mehmke (Dritte von links) im Kreis ihrer Familie Foto: privat/privat
Gefälschter Todestag und Todesursache
Luise Mehmke war 1940 in der Heilanstalt Weinsberg. Von dort wurde sie am 4. Juni abgeholt und in der Gaskammer von Grafeneck ermordet. Als Todesursache gab das Standesamt Grafeneck „Lungenentzündung“ und „Kreislaufschwäche“ an, als Todestag den 19. Juni 1940.
Bei der Verlegung des Stolpersteins haben auf Vermittlung von Pfarrer Conrad drei Mitglieder vom evangelischen Jugendwerk die Verlegung trotz aller Corona-bedingter Beschränkungen sehr feierlich gestaltet. Kathrin und Konrad Empacher haben für den musikalische Rahmen gesorgt. Anselm Koch hat die Lebensgeschichte von Luise Mehmke vorgestellt.
Heidi Wernli-Wartmann und ihre Schwester, Großnichten von Luise Mehmke, waren extra aus der Schweiz angereist. Frau Wernli-Wartmanns persönliche Erklärung:
„Liebe Liesi,
Du hast immer gefehlt, auch wenn wir lange nicht wussten, dass Du das warst, wo die große Lücke klaffte und sich Schatten in der Familie auftaten. Ich hatte eine schöne Kindheit mit deinem Bruder Rudi und deiner Nichte Lilla. Wie wunderbar hättest du in die liebevollen Familienbande hineingepasst, wie gerne hätten wir Dich mit Deinen besonderen Begabungen kennen gelernt.
Dein Schicksal hat Spuren hinterlassen. Deine Nichte Lilla ist wegen dem, was Dir zugestoßen ist, Psychiaterin geworden. Sie hat die schrecklichen Umstände Deines grausamen und sinnlosen Todes aufgedeckt und hat auch deswegen ihr Leben lang alles versucht, um die Lebenssituation von Menschen mit einer psychischen Erkrankung sicherer und erträglicher zu machen. Der Kreis schließt sich und wir kommen zur Ruhe.
Wir danken allen, die mit ihrem großen Engagement Deine Geschichte in der Öffentlichkeit getragen haben und Dein Andenken ehren.“
Die Planung der Stolperstein-Verlegung hatte schon im Februar begonnen, zu einer Zeit als Corona für uns kein großes Problem zu sein schien. Damals wurde mit der Waldschule vereinbart, dass die 9. Klasse die Verlegung gestalten sollte. Das war wegen Corona nicht möglich. Die Lehrerin der 9. Klasse, Miriam Kaltschmitt, hat aber mit Florian Heberle und Levi Kaiser zwei Mitglieder der Film AG der Waldschule motiviert, ein Video zu drehen. (Eine erste Version des Films ist hier zu sehen!) Außerdem haben zwei Schülerinnen, Dilara Haller und Jasmin Krieger, im Jahrbuch der Waldschule einen Bericht über die Verlegung geschrieben.
Zu den Teilnehmern an der Verlegung gehörte auch der stellvertretende Bezirksbeiratsvorsitzende Mykola Heinrich. Zudem waren einige Nachbarn gekommen.
Verlegung des Stolpersteins: 9. Juli 2020
Bericht in der Stuttgarter Zeitung
Text und Recherche: Dr. Bertram Maurer
Quellen:
Staatsarchiv Ludwigsburg PL 423 Bü 331 , PL 234 Bü 1579
Mitteilung des Standesamts Darmstadt an das Standesamt Isny vom 8.11.1940.
Stadtarchiv Isny
Staatsarchiv Sigmaringen Wü 13 T 2 Nr. 1132/005