Sophie Weischedel wurde am 4. Februar 1875 geboren . Ihr Mädchenname war Hintenach, ihre Eltern stammten aus Baltmannsweiler im Kreis Esslingen.
Irgendwann verschlug es die Familie nach Feuerbach. Sophie heiratete 1899 den Fabrikarbeiter Gustav Adolf Weischedel. Ihre Tochter Emma wurde am 4. Oktober 1907 als viertes Mädchen geboren. Die drei älteren Schwestern waren 7, 5 und 2 Jahre alt. Knapp 2 Jahre nach ihr wurde ein Junge, weitere 2 Jahre später noch ein Mädchen geboren. Ein kleiner Junge, das dritte Kind, hatte nur 4 Wochen gelebt.
Man kann sich vorstellen, dass die Mutter, Sophie Weischedel, von den sieben Schwangerschaften in 12 Jahren geschwächt war, und so ist es nicht verwunderlich, dass sie im Herbst 1911, ein halbes Jahr nach der Geburt des letzten Kindes, erkrankte und in die Heil- und Pflegeanstalt Winnental eingewiesen wurde, angeblich wegen Schizophrenie.
Die Mutter war also nicht mehr im Haus, der Vater stand alleine da mit sechs Kindern im Alter von 6 Monaten bis 11 Jahren! Man kann nur vermuten, dass Verwandte ihm geholfen haben. Kein Wunder, dass der gute Mann überfordert war – und 1914 brach auch noch der Erste Weltkrieg aus. Im Herbst 1916 wurde auf Antrag des Vaters und wegen Klagen der Verwandten ein Fürsorgeverfahren für die drei mittleren Kinder, darunter Emma, eingeleitet. Sie waren 6 und 11 Jahre alt, Emma war 9. Die Jüngste, Fünfjährige, lebte bei einer Tante.
Über die folgenden Jahre war nichts zu erfahren, erst wieder ab dem Jahr 1930: Am 9. Oktober 1930 bekam Emma ein uneheliches Kind namens Wolfgang Siegfried.
1931 hatte Emma eine Bauchoperation, eine schwere Gelbsucht, Entzündungen und Abszesse im Bauchraum. Seit der Operation war sie psychisch verändert, erregt, redete wirr. Sie hatte Angst vor dem Sterben, hörte Stimmen, redete vom Krieg, sprach von ihrem „Kindle“. Anfang 1932 konnte sie nicht mehr in der psychiatrischen Abteilung des Bürgerhospitals bleiben, und die dortige Ärztin bat die Heilanstalt Winnental um Aufnahme der Patientin. Die Diagnose lautete Schizophrenie.
Wussten Sophie Weischedel und ihre Tochter Emma, dass sie in derselben „Anstalt“ untergebracht waren? Trafen sie sich dort womöglich? Wir wissen es nicht.
Emma Weischedel starb am 22. Oktober 1939 in Winnental, ein Opfer der Euthanasie.
Die Mutter Sophie lebte 28 Jahre in Winnental, bis sie am 24. Juni 1940 nach Grafeneck „verlegt“ und dort ermordet wurde.
Im Familienregister wurden die Eltern Sophie und Gustav Weischedel als „minderwertig“ bezeichnet!
Am 15. November 2018 wurde für Emma Weischedel ein Stolperstein verlegt.
Seit 15. März 2008 lag der Stolperstein für Sophie Weischedel irrtümlicherweise in der Hohewartstraße. Er wurde am 4. November 2019 neben den Stein ihrer Tochter Emma versetzt in die Dieterlestraße 30.
Recherche und Text: Heinz und Hildegard Wienand, Stolperstein-Initiative Feuerbach/Weilimdorf