Zwangsarbeiter in Zuffenhausen, die alle am 19.5.1943 im Gestapogefängnis Welzheim ermordet wurden
Zwangsarbeiter in Zuffenhausen.
Schon ab 1938 kam es in Stuttgart wegen der Rüstungskonjunktur zu einem erheblichen Arbeitskräftemangel, der sich nach dem Überfall auf Polen und die Sowjetunion verstärkte, weil immer mehr Arbeiter eingezogen wurden. Ferdinand Porsche war einer der Ersten, der auf den Einsatz von Zwangsarbeitern setzte und dafür Baracken auf seinem Betriebsgelände errichtete. Ihm folgten 1942 die Heinkel-Flugzeugmotorenwerke (früher Hirth Motoren; 1939 nach dem Tod des Besitzers von Heinkel-Flugzeugmotorenwerke aufgekauft) mit 18 Baracken auf der Schlotwiese und etwas später die Stadt Stuttgart mit ihrem größten Zwangsarbeiterlager für französische, holländische, polnische und Kriegsgefangene anderer Nationalitäten ebenfalls auf der Schlotwiese: „Zuffenhausen entwickelte sich zu einem Zentrum des Zwangsarbeitereinsatzes und der Zwangsarbeiterunterbringung in Stuttgart.“
Die Schlotwiese war zuvor ein Erholungsgebiet für die Bevölkerung. Den Firmen erschien sie für die Unterbringung von Zwangsarbeitern geeignet, weil es nah zu den Rüstungsfabriken lag.
Gefangene aus Osteuropa mussten spezielle Kennzeichen tragen und durften die eingezäunten und bewachten Lager nicht verlassen. Besonders quälte sie der Hunger wegen der mangelhaften Verpflegung und die Angst vor Luftangriffen, da sie in ihrem Lager bei unzulänglichem Schutz ausharren mussten. Ein extra für Ostarbeiter geschaffenes Sonderstrafrecht sorgte dafür, dass sie schon wegen geringfügiger Vergehen hingerichtet wurden. Laut Aussagen von Zeitzeugen sind mehrere russische und polnische Zwangsarbeiter an einem Baum im Stadtwald erhängt worden. „Ein als offizieller Vertreter der Kriminalpolizei bei den Hinrichtungen anwesender Kriminalsekretär hat nach 1945 Hinrichtungen bestätigt.“ (siehe Quelle 1) Er gab den Gestapo-Angehörigen Bechtle als Vollstrecker an und nannte als Grund Plünderungen nach Luftangriffen. (siehe Quelle 1) Dass die Stuttgarter Gestapo aber 6 Zwangsarbeiter aus dem Lager auf der Schlotwiese abholte und zur Ermordung nach Welzheim brachte, ist ein ungewöhnlicher Vorgang. War es Widerstand, Verbreiten von Nachrichten? Wir haben dafür bis jetzt keine Erklärung gefunden. Denn als die brutale Herrschaft der Nazis unter den militärischen Schlägen der Alliierten (Sowjetunion, England, Frankreich, Großbritannien) am Zerbrechen war, vernichteten sie so viele Dokumente ihrer Untaten wie möglich.
In Welzheim war die Fallhöhe des Galgens so gering, dass die Gehenkten langsam und qualvoll erstickten.
Die Stolpersteine für Peter Czornopyski, Stefan Gorski, Franz Kirylczuk, Johann Hadam, Iwan Makarsky und Adolf Seruga wurden am 1. Juli 2016 verlegt.
Die Inschriften lauten:
STEFAN GORSKI
JG. 1924
POLEN
ERMORDET 19.5.1943
GESTAPOGEFÄNGNIS
WELZHEIM
PETER CZORNOPYSKI
JG. 1923
SOWJETUNION
ERMORDET 19.5.1943
GESTAPOGEFÄNGNIS
WELZHEIM
FRANZ KIRYLCZUK
JG. 1905
POLEN
ERMORDET 19.5.1943
GESTAPOGEFÄNGNIS
WELZHEIM
JOHANN HADAM
JG. 1909
POLEN
ERMORDET 19.5.1943
GESTAPOGEFÄNGNIS
WELZHEIM
IWAN MAKARSKY
JG. 1912
SOWJETUNION
ERMORDET 19.5.1943
GESTAPOGEFÄNGNIS
WELZHEIM
ADOLF SERUGA
JG. 1924
POLEN
ERMORDET 19.5.1943
GESTAPOGEFÄNGNIS
WELZHEIM
Text u. Recherche: Inge Möller, Initiative Stolpersteine Zuffenhausen
Quellen: Stadtarchiv Stuttgart,
Literatur:
1. Roland Müller: Krise, Diktatur, Krieg und die Folgen in Zuffenhausen. In: Albrecht Gühring (Hrsg.): Zuffenhausen. Dorf, Stadt, Stadtbezirk. Stuttgart-Zuffenhausen 2004
2. Gerd Keller; Graham Wilson: Das Konzentrationslager Welzheim. Zwei Dokumentationen über das Konzentrationslager. Welzheim 1989
3. Margarete Baxmann (Hrsg.): Menschen in Rot. Die Geschichte eines Stuttgarter Stadtteils in Lebensbildern. Erforscht und beschrieben von der Geschichtswerkstatt am Ferdinand-Porsche-Gymnasium Stuttgart. Tübingen, Silberburg Verlag 1995
4. Gertud Müller: Die erste Hälfte meines Lebens. Erinnerungen 1915 – 1950. Nach Gesprächen aufgezeichnet von Michael Nolte und Ursula Krause-Schmitt. Essen, Lagergemeinschaft Ravensbrück/Freundeskreis 2004.
5. Video: „Für die Stuttgarter Zwangsarbeiter*innen“, von Theaterschachtel Anne und Matthias von der Vring.
Kontakt: Inge Möller