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Meta Neumann, Hackländerstr. 29

Meta Neumann hat noch wenige Wochen vor ihrem Tode aus Theresienstadt an ihre Freundin schreiben können: “Der Herr ist mir nahe. Was das heißt, wisst Ihr aus Erfahrung. Gedenke, gedenkt bitte weiter an mich.”

Diese Bitte wird heute erfüllt werden können. Aber bereits in den 60er Jahren beschäftigte sich ein Familienforscher u.a. mit Meta Neumanns Biographie. Es finden sich noch immer Spuren, und Augenzeuginnen erinnern sich an die Zeit in Buttenhausen, als Meta Neumann 84-jährig von dort deportiert wurde.

Meta Neumann wurde am 21. Mai 1859 in Hohensalza/Westpreussen als Tochter einer angesehenen jüdischen Familie geboren. Sie hatte zwei Brüder, die nach Amerika auswanderten, und eine Schwester, verheiratet mit dem Schriftsteller Julius Pederzani, einem ehemals katholischen Geistlichen. Während die männlichen Angehörigen des großen Familienverbandes zum Teil als Kaufleute zu Wohlstand gelangten, konnten sich die Frauen schon früh literarisch-künstlerisch bilden und wurden bekannt z.B. als Dichterinnen, Literaturübersetzerinnen, Malerinnen, Sängerinnen.

Wegen ihrer bemerkenswerten musikalischen Begabung bestand man in der Familie darauf, dass Meta nach der Ausbildung als Lehrerin Gesang studierte. So hielt sie sich 1892 in Paris auf und hat wohl dort bei der berühmten Gesangspädagogin Pauline Viardot Unterricht erhalten.  Ihren Wohnsitz hatte sie um 1890 in Berlin, später auch in Dresden, bevor sie während des 1. Weltkrieges nach Stuttgart zog. Sie lebte zunächst mit ihrer Freundin, der Malerin Elfriede Griesinger,  in der Kreuserstraße 6,  wo auch ihr verwitweter Schwager Pederzani Aufnahme fand.

Um die Jahrhundertwende bis 1928  war sie oft zur Erholung im christlichen Asyl Raemismühle bei Zürich. Es ist möglich, dass sie dort durch die Andachten des Predigers Georg Steinberger zum christlichen Glauben fand. Jedenfalls wurde sie 1899 von ihm getauft, wie ihre Freundin Clara Ruoff später berichtete. Noch in den 70er Jahren erinnerte man sich lebhaft an Meta Neumanns Gesangsvorträge.

Ab 1928 wohnte Meta Neumann dann in der Hackländer Straße 29. Sie gab Bibelstunden für Frauen, die so genannten “Dienstagsstündle”. Gut bekannt war sie auch mit dem Oberkirchenrat Kopp. Aus einem erhaltenen Testament geht hervor, dass sie das Stuttgarter Diakonissenhaus bedenken wollte und eine Stiftung für bedürftige Schwestern plante. Dazu ist es nicht gekommen, denn sie wurde im September 1941 als Jüdin von Stuttgart nach Buttenhausen verbannt.

Dort kümmerten sich besonders Pfarrer Stäbler und seine Familie um die “Judenchristin”. Man versuchte aber leider vergeblich, sie vor der Deportation zu bewahren. Eine Augenzeugin weiß, dass der letzte Rabbiner in Buttenhausen, Berlinger, sich noch einen Tag vor seiner Deportation bei Meta Neumann verabschiedet hatte. Bald musste sie mit den letzten Juden ins Rabbinatsgebäude umziehen, ehe sie selbst am 15. April 1943 schwerkrank auf einer Matratze liegend im Krankenwagen nach Stuttgart gebracht wurde- Von dort ist sie mit dem Transport XIII/2 in das Konzentrationslager Theresienstadt deportiert worden. Sie starb dort nach 7 Monaten am 24. November 1943 –  nicht eines natürlichen Todes.

In diesem Konzentrationslager siechten die vorwiegend alten Menschen dahin, wurden entweder weiter nach Auschwitz deportiert und ermordet, oder sie starben vorher in Theresienstadt an den fürchterlichen, menschenverachtenden Bedingungen an Hunger und Krankheit.

Im Jahre 2000 stellte der Liedermacher Thomas Felder in einer beeindruckenden Aktion gegen das Vergessen in Buttenhausen 109 Holzstelen mit den Namen  der von  dort deportierten 109 Juden auf. Sie säumten den Weg zum jüdischen Friedhof. Später wurden sie durch Eisenbahnschienen ersetzt und haben  auf dem Friedhof einen würdigen Platz gefunden, so dass die unter unseren Augen verschwundenen Mitbürger ihren Namen wieder haben. Auch Meta Neumann ist auf einer Gedenktafel genannt und hat eine Stele bekommen.

Zum Schluss soll die Tochter des Buttenhausener Pfarrers Stäbler selbst zu Wort kommen: “Tante Neumann war eine kleine, sehr gepflegte, beeindruckende Persönlichkeit mit einer wunderschönen Stimme. […] Meine Mutter und wir Kinder gingen bei Sorgen zu ihr. […]. Unvergesslich bleibt die fast frohe Gelassenheit, mit der sie sich auf den Transport zum Konzentrationslager vorbereitete.”

Meta Neumanns letzten Worte aus Theresienstadt waren: “Gedenkt bitte weiter an mich.”   

Karin Schimmelpfennig

Quellen:
R., Cl.: Zeugen aus Israel. Meta Neumann. In: Der Freund Israels. Heft 6. Dez.1967. S. 115-117.
Pagel, Arno, und Paul Stäbler: Ein Leben für Hilfsbedürftige. Marburg (Lahn) 1972. S. 37.
Felder, Thomas: 
http://www.thomas-felder.de (22.02.2005)
Privatarchiv ?Pederzani? K. Jodeit , sowie Aussagen von Augenzeuginnen Frau H. und Frau Z.