Albert Stern, geboren am 30.6.1883 in Schopfloch bei Ansbach, und seine Frau Hertha geb. Deller, geboren am 2.10.1896 in Fischach bei Augsburg, hatten drei Kinder. Ruth (4.7.1922), Heinz (17.8.1924) und Hermann (14.2.1927) wurden alle in Stuttgart geboren und wuchsen in der Azenbergstr. 51 auf. Albert Stern war Kaufmann und Handelsvertreter für drei Textilfirmen. Frau Stern besorgte mit einer Hilfe namens Emilie den Haushalt, die Kinder kamen in benachbarte Schulen, die Buben zunächst in die Falkertschule, Ruth besuchte das spätere Hölderlingymnasium. Albert Stern und seine Frau stammten aus alten jüdischen Familien, er selbst war im Ersten Weltkrieg Frontsoldat gewesen, weshalb sich die Familie lange Zeit nicht vorstellen konnte, dass sie durch die Herrschaft der Nazis gefährdet sein könnte.
Natürlich unterlagen sie ab 1933 denselben Schikanen wie alle Juden. Nach dem Novemberpogrom 1938 entschloss sich Großbritannien, 10 000 jüdische Kinder aus den von den Nazis beherrschten Gebieten in ihrem Land aufzunehmen. Heinz und Hermann Stern wurden von ihren Eltern angemeldet. Heinz fuhr im Juni 1939 mit einem solchen Kindertransport nach England, dann kam der Krieg und somit das Ende dieser Möglichkeit, wenigstens die Kinder zu retten. Ruth hatte nach der Schule eine Ausbildung als Krankenschwester in Fürth begonnen. Sie hatte den Wunsch, nach Palästina auszuwandern.
Vater Stern bemühte sich nun verstärkt um ein Visum für die USA, wurde aber wegen seiner Frontkämpfertätigkeit abgewiesen, obwohl sein Vater bereits die amerikanische Staatsbürgerschaft erworben hatte. Familie Stern saß in der Falle. Der Vater verlor die Arbeit, man musste das geliebte Haus verkaufen und schließlich in die Seestraße 89 ziehen, in ein so genanntes “Judenhaus”. Anfang November 1941 erhielt die Familie die Nachricht, sie werde “nach dem Osten” umgesiedelt und solle sich am 27. November auf dem Killesberg einfinden. Ruth kam von Fürth zurück, um bei ihrer Familie zu sein.
Nach vier Tagen Wartezeit wurden über 1000 Juden aus ganz Württemberg vom Nordbahnhof aus nach Riga verschleppt, wo sie in eisiger Kälte und völlig unzureichend ernährt im Lager Jungfernhof ihr weiteres Schicksal erwarteten. Der 14jährige Hermann kam in ein anderes Lager in der Nähe.
Am 26.März 1942 wurden die Eltern Stern und ihre Tochter mit vielen hundert Leidensgenossen aus dem Lager in den Tod geschickt. Sie wurden in einem Birkenwäldchen nahe bei Riga vor offene Gruben gestellt und erschossen.
Hermann, der kurze Zeit später auf Umwegen vom Schicksal seiner Familie erfuhr, überlebte als einer der ganz Wenigen die Lagerzeit. Heute lebt er mit seiner Familie in Israel.
Auch Heinz lebt mit Frau, Kindern, Enkeln und Urenkeln in Israel.
Recherche & Text: Susanne Bouché, Initiative stolpersteine Stuttgart-Nord.
Im Rahmen des Projektes „Frage-Zeichen – Jugendliche im Gespräch mit Zeitzeuginnen des Nationalsozialismus“ wurde 2014 in Israel ein Film mit Henry Stern, Sohn bzw. Bruder von Hertha, Albert und Selma Ruth Stern produziert. Den Film finden Sie hier.