Paul Mayer wurde am 01.02.1875 in Frankfurt geboren. 1901 heiratete er Klara, geborene Oppenheimer. Das Ehepaar hatte zwei Söhne. Hermann wurde am 08.11.1903 geboren, Hans kam am 22.12.1906 zur Welt. Bereits am 1. April 1912 zogen sie in eine Vierzimmerwohnung in den 1. Stock des gerade neu erbauten Hauses Lindenspürstraße 30. In dieser Wohnung lebten sie 25 Jahre.
Paul Mayer war Kaufmann und Inhaber einer Papierwarengroßhandlung in Stuttgart. Am 28.04.1903 wurde die Firma ins Handelsregister eingetragen. Bis 1936 befand sich diese in der Weimarstraße 37, dann in der Forststraße 87. Von 1933 bis 1938 wurde die Erwerbstätigkeit eingeschränkt und im Jahr 1938 mußte Paul Mayer schließlich das Geschäft aufgeben – die Gewerbelegitimationskarte wurde ihm entzogen. Laut Handelsregister erklärte er am 02.Januar 1939, dass sein Geschäft nicht mehr bestehe und die Firma erloschen sei. Von 1938 bis 1942 arbeitete er dann in einer Klavierfabrik.
1938 zog das Ehepaar Paul und Klara Mayer in die Forststraße 87 ins Erdgeschoß. Im Frühjahr 1942 wurde Paul Mayer mit seiner Frau zwangsweise nach Buttenhausen umgesiedelt.
Am 16. April 1942 stellt Paul Mayer von Buttenhausen aus den Antrag über das Deutsche Rote Kreuz, Präsidium Auslandsdienst, Berlin, eine Nachricht mit folgendem Inhalt an den Sohn Henry (Hans) Mayer nach Los Angeles (USA) zu übermitteln:
“Novemberbrief verwechselt, Hülle erhalten. Ostern mit Hermanns Schwiegervater gut gefeiert. Tante Anfälle. Von Marte, Tante, Onkel Grüsse erhalten. Tine abgereist. Hermanns Bleiben unbestimmt. Eltern.”
Am 13. Mai 1942 ging nochmals über das Rote Kreuz eine Mitteilung an den Sohn, die letzte Nachricht, die er bekam:
“Liebe Kinder. Hier gut eingelebt. Wünschen zu bleiben. Selbst gesund. Tante etwas erholt. Gratulieren Rolfs Geburtstag (Enkelsohn). Beste Wünsche. Hermann wohnt Amsterdam. Grüsse Wildmanns. Eltern.”
Das Ehepaar Mayer durfte nicht in Buttenhausen bleiben. Am 22.08.1942 wurden sie nach Theresienstadt deportiert. Am 29. September 1942 erfolgte der Weitertransport nach Osten. Seit 1942 gilt Paul Mayer als verschollen. Der Tod wurde auf 31.Oktober 1942 in Treblinka festgesetzt. Aus einer Mitteilung des Tschechoslowakischen Roten Kreuzes vom 25. Mai 1951 geht hervor, daß dieser Transport als Todestransport anzusehen sei, d.h. weniger als 10 % der Verschickten sind zurückgekehrt.
Klara Mayer, geborene Oppenheimer, wurde am 07. Januar 1877 in Stuttgart geboren. 1901 heiratete sie den Kaufmann Paul Mayer. Klara Mayer arbeitete in der Papiergroßhandlung ihres Ehemannes. Im Frühjahr 1942 wurde sie mit dem Ehemann Paul zwangsweise nach Buttenhausen umgesiedelt. Von dort wurde sie am 22.08.1942 nach Theresienstadt und am 29.09.1942 weiter in den Osten deportiert. Laut Theresienstädter Gedenkbuch kam das Ehepaar nach Treblinka. Der Tod von Klara Mayer wurde auf 31.10.1942 in Treblinka festgelegt.
Nur Sohn Hans überlebte. Ihm gelang es, rechtzeitig mit seiner Familie in die USA zu emigrieren. Er war seit 1. September 1932 verheiratet. Das Ehepaar hatte einen Sohn, Ralph (Rolf) Herman, er wurde am 22.07.1933 geboren. Von Beruf war Hans Kaufmann, in den USA war er als Vorarbeiter tätig. Mit seiner Familie lebte er in Los Angeles.
Der Sohn Hermann, seine Ehefrau Berta, geborene Berlinger, geboren 1909 in Buttenhausen, und deren Kinder Abraham, geboren 1937, und Hanna, geboren 1938, hatten ihren Wohnsitz in Frankfurt/Main. 1940 wurde – laut Entschädigungsakte in einem KZ in Holland – noch das Mädchen Mirjam in Rotterdam geboren. Laut einer Niederländischen Deportationsliste kam die ganze Familie nach Sobibor, wo alle 1943 ermordet wurden. Die ganze Familie wurde auf 31.12.1945 für tot erklärt.
Margot Weiß/ November 2006/ Stolperstein Initiative Stuttgart-West
Grundlagen der Recherche:
– Maria Zelzer: “Weg und Schicksal der Stuttgarter Juden.” Stuttgart: Klett o. J. (1964).
– Die Opfer der nationalsozialistischen Judenverfolgung in Baden-Württemberg 1933 -1945. Ein Gedenkbuch. Herausgegeben von der Archivdirektion Stuttgart. Stuttgart 1969 (Veröffentlichungen der staatlichen Archivdirektion Baden-Württemberg, Beiband zu Band 20).
– Theresienstädter Gedenkbuch. Die Opfer der Judentransporte aus Deutschland nach Theresienstadt 1942 – 1945. Institut Theresienstädter Initiative Academia 2000.
– Israelitische Kultusvereinigung Württemberg und Hohenzollern Stuttgart: Deportiertenliste Württemberg und Hohenzollern. (Stadtarchiv Stuttgart).
– Judenlisten 1939 bis 1941. Hg. Statistisches Amt der Stadt Stuttgart. 1939 bis 1942. (Stadtarchiv Stuttgart).
– Adressbücher der Stadt Stuttgart. (Stadtarchiv Stuttgart.)
– Hauptstaatsarchiv Stuttgart, Entschädigungsakten.
– Staatsarchiv Ludwigsburg, Entschädigungsakten.
– Verzeichnis der Behörden, Mitglieder und Vereine der israelitischen Gemeinde Stuttgart, sowie der israelitischen Gemeinden
Cannstatt, Ludwigsburg und Eßlingen. 8. Jahrgang, 1914. Herausgegeben von M. Meyer, Kirchenpfleger, Stuttgart.
– Verzeichnis der Behörden, Mitglieder, Vereine der israelitischen Gemeinden Stuttgart, Cannstatt, Eßlingen, Göppingen, Heilbronn, Ludwigsburg und Ulm. 14. Jahrgang, 1929/30. Herausgegeben von Oberrechnungsrat M. Meyer, Stuttgart.
– Yad Vashem, The Central Database of Shoah Victims Names.