Ludwig Fleischer war das zweitjüngste Kind der Eltern Scholastika und Moritz Fleischer. Zur Welt kam er am 4. Oktober 1916 in Stuttgart. Wie alle seine Geschwister war er von dem frühen Tod seiner Mutter betroffen. Er war gerade acht Jahre alt, als sie starb. Die zweite Ehefrau seines Vaters musste da noch sehr die Mutterrolle übernehmen.
Mit dreizehneinhalb Jahren, am 21. März 1930, zog Ludwig als Schüler zu seiner Schwester Amalie Fleischer nach München. Er hatte vermutlich gerade die Volksschule in Stuttgart abgeschlossen. Es ist anzunehmen, dass Ludwig in München eine Schneiderlehre absolvierte. Am 23. August 1933 meldete er sich in München wieder ab und zog nach Stuttgart zum Vater zurück, bei dem er dann in der Reuchlinstraße 9 wohnte. Seine zweite Mutter starb 1935, und sein Vater heiratete 1936 wieder.
Ob Ludwig in Stuttgart dann als Schneider arbeiten konnte und wie lange, ist nicht bekannt. Vielleicht hatte er sich auch für eine gewisse Zeit in einer anderen Stadt eine Arbeit gesucht. Seit 1939 war er dann sicher wieder bei seinem Vater in der Reuchlinstraße, dem inzwischen seine dritte Ehefrau verstorben war. Der Vater, Moritz Fleischer, musste zwangsweise am 24. März 1941 nach Haigerloch in das jüdische Altersheim ziehen, so dass Ludwig Fleischer vermutlich alleine in der Wohnung lebte, bis Ende November 1941 das von der Gestapo veranlasste Schreiben der jüdischen Kultusvereinigung eintraf, mit der Aufforderung, sich in dem Sammellager auf dem Killesberg in Stuttgart, der sogenannten “Ehrenhalle des Reichsernährungstandes” der Reichsgartenschau 1939, zum Transport in den Osten einzufinden. Ein Koffer musste für das Nötigste reichen. Am Morgen des 1. Dezember 1941 ging der Weg dann vom Killesberg zum Nordbahnhof hinunter. Dort stand der Zug bereit, um die über tausend jüdischen Menschen in den Osten zu bringen. Riga war das Ziel. Ob er gleich nach der Ankunft in Riga ermordet oder im Wald von Bikernieki im März 1942 erschossen wurde, wissen wir nicht.
Ludwig ist 25 Jahre alt geworden.
Initiaive Stolpersteine S-West, 2010/Margot Weiß
Staatsarchiv Ludwigsburg, Entschädigungsakten.
Staatsarchiv Sigmaringen, Dep.44 T 1 V.29.
Stadtarchiv Stuttgart, Familienregister, Adressbücher, Deportationsliste.
Stadtarchiv München.
Landesarchiv BW, Archivnachrichten Nr. 40/März 2010.
Internationaler Suchdienst Arolsen.
Gedenkstätte Yad Vashem.
Hermann J. Pretsch (Hrsg.), “Euthanasie, Krankenmorde in Süddeutschland.”
Joachim Hahn: „Friedhöfe in Stuttgart.“ 3. Band Pragfriedhof. Israelitischer Teil, Stuttgart 1992.