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Charlotte Behr, Breitscheidstr. 35

Geburt: 30.11.1869 in Homberg/Kreis Alsfeld. (In manchen Dokumenten steht das Geburtsjahr 1870.)
Glaube: Jüdisch.
Tod: 1942 in Treblinka ermordet.

Seit 1911 wohnte Charlotte Behr, geborene Mayer, in Stuttgart in der Militärstraße, heute Breitscheidstraße 35. Vermutlich zog sie nach ihrer Scheidung dorthin. Es war das Haus ihres Schwagers, Benjamin Rosenfeld. Zur Familie Rosenfeld gehörten ihre Schwester Theresia, deren Ehemann und die drei Töchter des Ehepaars, Charlotte, Betty und Ilse.
Über ihre Kindheit, Jugend und über ihre Ehe war nichts zu erfahren. Charlotte Behr wohnte also zunächst mit in der Wohnung der Rosenfelds. Hier übernahm sie sicherlich Aufgaben im Haushalt und bei der Betreuung der Nichten. Etwa ab 1928 hatte sie dann ihre eigene Wohnung im 5. Stock des Hauses. Da waren die Nichten fast erwachsen und gingen wahrscheinlich ihre eigenen Wege.
Benjamin Rosenfeld hatte im Hinterhaus eine Maschinenöl- und Putzbaumwollfabrik. Hier arbeitete sie vermutlich auch mit. Einmal wird ihr Beruf als Büroangestellte angegeben.

1937 starb der Schwager Benjamin Rosenfeld. Dessen Ehefrau und Töchter waren die Erben des Hauses. Als 1939 das große Umziehen begann, wurde das Haus Militärstraße 35 zu einem sogenannten „Judenhaus“. Viele Menschen mussten in das Haus einziehen, so zum Beispiel auch Lina, Oskar, Ilse und Dr. Robert Bloch aus der Johannesstraße 66. (Dort liegen Stolpersteine für sie.) Charlotte wohnte nun auch wieder bei ihrer Schwester im 2. Stock.

Im Zuge der Zwangsumsiedlung älterer jüdischer Menschen auf das Land musste sie im Frühjahr 1942, gemeinsam mit ihrer Schwester Theresia, in das jüdische Altersheim nach Dellmensingen ziehen. Nach wenigen Monaten kam der Befehl, sich im Sammellager auf dem Killesberg in Stuttgart einzufinden. Am Samstag, dem 22. August 1942, wurde sie mit weiteren etwa 1000 jüdischen Menschen vom Stuttgarter Nordbahnhof aus nach Theresienstadt deportiert. Alles blieb zurück, bis auf das, was in einen oder zwei Koffer passte. 50 RM kostete die Fahrt. Angekommen ist der Transport am Sonntag, dem 23. August 1942, auf dem Theresienstädter Bahnhof Bauschowitz, der lag 3 km außerhalb der Stadt. Den Weg bis zum Ghetto mussten die alten Menschen mit ihrem Gepäck zu Fuß zurücklegen.
Vielleicht dachte Charlotte Behr, dass sie eine angenehme Unterkunft finden würde und dort auch bleiben könnte. Das war aber eine Täuschung, weil schon auf 26. September 1942 der Weitertransport „nach dem Osten“ anberaumt war. Mit etwa 7000 Menschen, die gerade in Theresienstadt angekommen waren, ging der Transport in das Vernichtungslager Treblinka. Mit ihrer Schwester Theresia Rosenfeld saß Charlotte Behr in diesem Zug. Es war der Transport in den sicheren Tod.
Ihre Nichte Ilse, die einzige Überlebende, ließ Charlotte Behr auf den 8. Mai 1945 für tot erklären.

Stolpersteininitiative Stuttgart-West
Margot Weiß

Schülerinnen des Institut Dr. Flad Stuttgart recherchierten und gestalteten die Verlegung am 28. April 2006.


Quellen:
Stadtarchiv Stuttgart: Adressbücher der Stadt Stuttgart, Judenlisten, Deportiertenliste.
Staatsarchiv Stuttgart.
Staatsarchiv Ludwigsburg – Entschädigungsakten.
Hahn, Joachim: Friedhöfe in Stuttgart. 3. Band. Pragfriedhof. Israelitischer Teil: Klett-Cotta 1992.
Theresienstädter Gedenkbuch. Die Opfer der Judentransporte aus Deutschland nach Theresienstadt 1942 – 1945. Institut Theresienstädter Initiative Academia 2000.
Standesamt der Stadt Stuttgart.
YAD VASHEM. The Central Database of Shoah Victims‘ Names.